Kunst im Kino / Programm 1: Der künstlerische Film. Cinephilie in den Dreißigerjahren
Zu Beginn der Dreißigerjahre gründete sich in Warschau der Verein „Start – Vereinigung von Liebhaber*innen des künstlerischen Films“. Er wendete sich entschieden gegen kommerzielle Filmproduktionen und setzte seine Hoffnung vielmehr auf ambitionierte, künstlerisch geprägte Filmwerke. Es entstanden Programme mit künstlerischen Filmen, welche in Kinos in ganz Polen gezeigt wurden und dort auf nicht geringes Interesse stießen. [Lawinia Rate, Übs. Rainer Mende]
Dzisiaj mamy bal / Tonight We Are Having a Ball
R: Tadeusz Kowalski & Jerzy Zarzycki, PL 1932, 7 min, Omdu
OR – Obliczenia rytmiczne / Rhythmic Calculations
R: Jalu Kurek, PL 1933, 4 min, OmdU
Przygoda człowieka poczciwego / Adventures Of A Good Citizen
R: Franciszka & Stefan Themerson, PL 1937, 8 min, OmeU
[© Franciszka & Stefan Themerson & LUX]
The Eye And The Ear
R: Franciszka & Stefan Themerson, UK 1944, 10 min, engl. OF
[© Franciszka & Stefan Themerson & LUX]
Kunst im Kino: Das unzähmbare Bedürfnis nach neuen Visionen. Experimentalfilm in Polen
Das dreitägige Film- und Videoprogramm schlägt einen weiten Bogen von den Dreißiger- bis zu den Neunzigerjahren.
In Polen hat sich nie eine geschlossene Experimentalfilm-Szene entwickelt, so wie dies in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise England oder Frankreich der Fall war. Die Filmhochschule in Łódź war für sie mit Sicherheit ein wichtiger Ort, wo u. a. Jerzy Bossak, Mieczysław Waśkowski oder das Atelier für Filmische Formen (Warsztat Formy Filmowej) – das sich konsequent auf das Medium Film, seine Materialität und seine Form konzentrierte – ihre Experimente zur Blüte bringen konnten.
Auffällig ist jedoch, dass in Polen eine große Zahl von Experimenten mit dem Medium Film (und später dem Video) im Kunst-Kontext entstand. Eben diese Tendenz wird den Schwerpunkt des diesjährigen Programms von „Kunst im Kino“ ausmachen. So wurde beispielsweise Anfang der Siebzigerjahre im Bereich der kontextuellen Kunst der Film intensiv genutzt, um sich mit künstlerischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Allerdings hatte seine Verwendung hier vorrangig episodischen, bisweilen nur einmaligen Charakter. Ende der Achtzigerjahre gerät die klassische Filmrolle nahezu in Vergessenheit, denn die Videotechnik betritt die Arena – und mit ihr völlig neue Möglichkeiten.
Wenn wir die Geschichte der polnischen Bewegtbild-Experimente erzählen wollen, dürfen wir keinesfalls ihre ersten Schritte in den Dreißigerjahren aussparen, die mit dem Verein „Start“ verbunden sind. Der damals so genannte „künstlerische Film“ (film artystyczny) stieß in literarischen Kreisen auf großes Interesse. Leider sind aus dieser Phase nur wenige Werke erhalten geblieben. [Lawinia Rate, Übs. Rainer Mende]
23.06. / 19:30 / Wolf Kino / zu Gast: Małgorzata Sady / Moderation: Lawinia Rate