Dok, R: Jan Komasa, PL 2014, 87 min, OmeU
Dokumentarfilme mit historischem Bildmaterial werden zunehmend technisch aufbereitet – Materialfehler werden digital korrigiert, stumme Szenen mit Geräuschen versehen, alte Fotos bekommen 3D-Effekte und Filmsequenzen werden nachkoloriert. Aber „Powstanie Warszawskie“ will mehr und begründet tatsächlich ein neues Genre: das „Non-Fiction-Drama“.
„Powstanie Warszawskie“ und der Spielfilm „Miasto 44“ haben mit Jan Komasa denselben Regisseur und erzählen mit unterschiedlichen Mitteln auch dieselbe Geschichte – das Drama vom Warschauer Aufstand. Während jedoch der fiktionale Film die Ereignisse vom Spätsommer 1944 aufwendig inszeniert, greift der Dokumentarfilm auf authentisches Bildmaterial zurück und übersetzt es mit enormem technischen Aufwand in eine Erzählung. Die bewegten Bilder wurden aufwendig und detailverliebt aufpoliert, mit Farben versehen und vertont. Dank der Hilfe von Lippenlesern lernten sogar die stummen Zeitzeugen der Aufnahmen, wieder zu sprechen.
Zum Drama wird der Film jedoch erst, weil er wirklich eine Geschichte erzählt. Dreh- und Angelpunkt sind zwei Kameramänner, die Tag für Tag durch die zunehmend zerbombten Straßenschluchten Warschaus streifen und das Gefilmte kommentieren oder mit ihren Motiven ins Gespräch kommen. Damit erzählen sie nicht nur die Geschichte der Aufständischen und ihrer Helfer, sondern auch ihre eigene – denn das Material können wir heute nur deshalb sehen, weil die Widerständler die zwei Monate der Hoffnung und Enttäuschung von Kameraleuten unter ständiger Lebensgefahr dokumentieren ließen. Ihnen, den sonst stummen und vergessenen Helden der Filmgeschichte, ist dieser Film gewidmet.
Darüber hinaus wird die Ausstellung „Ausgetragen. Die Pfadfinderpost im Warschauer Aufstand“ bis zum 21.08.2022 verlängert.
Der Warschauer Aufstand war die größte bewaffnete Untergrundaktion im vom deutschen NS-Regime besetzten Europa und endete am 2. Oktober 1944. Ursprünglich sollte der Aufstand nur wenige Tage dauern, am Ende waren es aber mehr als zwei Monate. Insgesamt 63 Tage lang führten die Aufständischen einen heroischen, zugleich aber auch ungleichen, isolierten Kampf für ein unabhängiges, von der deutschen Besatzung und sowjetischen Herrschaft befreites Polen. Letzten Endes kam es alles ganz anders: Die Stadt wurde komplett zerstört, etwa 18.00 Aufständische sowie bis zu 150.000 Zivilisten kamen ums Leben.
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Info: https://berlin.instytutpileckiego.pl/de
Ort: Pilecki-Institut, Pariser Platz 4A, 10117 Berlin
Filmstill © Muzeum Powstania Warszawskiego / Next Film