Bürgermeister Michael Ludwig hat heute, Dienstag, im Wiener Rathaus dem Zeitzeugen und KZ-Überlebenden Stanisław Zalewski den Goldenen Rathausmann überreicht. Die Ehrung fand anlässlich des bevorstehenden 100. Geburtstags des Zeitzeugen am 1. Oktober 2025 statt.
Der Rote Salon im Rathaus wurde nicht zufällig für die Ehrung gewählt, erläuterte Bürgermeister Michael Ludwig: „Am 27. April 1945 hat hier die provisorische Staatsregierung unter der Leitung von Karl Renner getagt. Hier wurde die Grundlage für ein demokratisches Österreich gelegt und die Unabhängigkeitserklärung Österreichs unterzeichnet. Nun ehren wir den Botschafter des Erinnerns in Wien mit dem Goldenen Rathausmann. Er hat 600 Tage in drei Konzentrationslagern überlebt und vielen jungen Menschen diese furchtbare Zeit vermittelt“, so der Bürgermeister. „Herr Zalewski hat nicht nur aus dieser schrecklichen Zeit berichtet, sondern auch politische Diskussionen angestoßen. Wir müssen gemeinsam gegen faschistische Bestrebungen vorgehen und uns für ein demokratisches Europa einsetzen. Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie zum Botschafter des Erinnerns geworden sind“, bedankte sich Bürgermeister Michael Ludwig beim 99-jährigen Zeitzeugen für seinen unermüdlichen Einsatz gegen das Vergessen und jede Art der Diskriminierung und überreichte ihm den Goldenen Rathausmann.
„Ich fühle mich sehr geehrt. Ich wünsche mir, dass eine Brücke zwischen Menschen guten Willens in Polen und Österreich entsteht. Ich habe 600 Tage schrecklichste Erfahrungen in deutschen nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern verbracht – an Orten, an denen man vergessen hat, was ein Mensch einem anderen Gutes tun kann“, sagte Stanisław Zalewski. „Ich möchte, dass daraus eine Lehre gezogen wird – für die Generationen, die nach mir kommen. Denn es ist wichtig, Mensch zu sein und wie ein Mensch zu handeln“, so der Zeitzeuge.
Der Krakauer Stadtpräsident Aleksander Miszalski wohnte dem Empfang bei. Als Ehrengäste waren auch der Sohn des Zeitzeugen, Hubert Zalewski, Dolmetscherin Joanna Ziemska, Zenon Kosiniak-Kamysz (Chargé d’affaires a.i.) und Janusz Styczek (Gesandter, Abteilungsleiter) von der Polnischen Botschaft in Österreich anwesend. Außerdem kamen die Regisseurin des Films „Botschafter des Erinnerns“ Magdalena Zelasko sowie Magdalena Bielecka (Projektmanagerin – Film, Literatur, Design, Kunst) und Agnieszka Madany (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) vom Polnischen Institut Wien.
 Foto: Polnisches Institut Wien
Zur Person
Stanisław Zalewski wurde am 1. Oktober 1925 in Polen geboren. Bereits als 14-Jähriger setzte er sich in Warschau im Widerstand gegen die Nationalsozialisten ein. Als 18-Jähriger wurde er von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Pawiak gebracht. Zalewski überlebte mehrere Konzentrationslager – Pawiak und Auschwitz-Birkenau in Polen sowie in Österreich die Konzentrationslager Mauthausen, Gusen I und Gusen II. In letzterem war Zalewski Teil des Kommandos Bergkristall und musste im Stollensystem Flugzeugteile für die Nazis produzieren. Insgesamt 600 Tage war er in Gefangenschaft. Am 5. Mai 1945 wurde das Lager Gusen befreit. Erst am 23. Juli 1945, nach einem langen Fußmarsch und einem mehrwöchigen Dienst bei der amerikanischen Armee, kehrte Zalewski ins weitgehend zerstörte Warschau zurück. Erst dort erfuhr er, dass Bruder und Mutter im Krieg umgekommen waren. In Polen holte Zalewski den Schulabschluss nach, studierte und gründete eine Familie.
Jahrelang sprach er nicht über seine schmerzhaften Erinnerungen. Vor etwa 30 Jahren fuhr Zalewski gemeinsam mit seinem Sohn an die Orte des Schreckens – und begann zu erzählen. Ab diesem Zeitpunkt wurde er zum Zeitzeugen, nahm und nimmt an Gedenkfeiern teil – und besucht seither unermüdlich österreichische Schulen, um über seine Erinnerungen zu sprechen. Diese schrieb er in seinem Buch „Ereignisse und Zeichen der Zeit aus den Jahren 1939-1945“ nieder. Stanisław Zalewski ist Vorsitzender der „Polnischen Vereinigung der Ehemaligen Häftlinge der politischen Gefängnisse und Konzentrationslager Hitlers“ – und hat in dieser Funktion erreicht, dass nicht mehr von „polnischen Gefängnissen“ gesprochen werden darf (in Artikeln im Internet waren die deutschen Vernichtungslager in Sobibor, Treblinka und Belzec als „polnische Lager“ bezeichnet worden).
Der Dokumentarfilm „Botschafter des Erinnerns“, der 2024 in die österreichischen Kinos kam, wird nun im Schulunterricht eingesetzt. Vor zwei Jahren, am 5. Mai 2023 – dem Jahrestag der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Gusen östlich von Linz durch die US-Armee – war der Zeitzeuge im Wiener Rathaus eingeladen. Während dieses Österreich-Besuchs wurden mehrere Szenen des Films, unter anderem bei der Gedenk- und Befreiungsfeier an der KZ-Gedenkstätte in Gusen, gedreht.
Auch während seines derzeitigen Wien-Besuchs trifft der Zeitzeuge wieder zahlreiche junge Menschen im Rahmen der Vorführung des Dokumentarfilms „Botschafter des Erinnerns – Ein Dokumentarfilm über Stanisław Zalewski“. Mehr Informationen zu dem Schulkinoprojekt gibt es unter: https://schulkino.at/film-details/botschafter-des-erinnerns
Quelle: Rathauskorrespondenz Stadt Wien – Kommunikation und Medien, Service für Journalist*innen, Stadtredaktion Website: https://presse.wien.gv.at

Goldenes Verdienstzeichen für Stanislaw Zalewski
Innenminister Karner ehrte am 7. April 2025 den letzten polnischen Überlebenden des KZ Mauthausen und seines Außenlagers Gusen für sein lebenslanges Engagement als Zeitzeuge.
Am 7. April 2025 wurde Stanislaw Zalewski in Wien von Innenminister Gerhard Karner mit dem Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich ausgezeichnet. Die Ehrung würdigt sein außergewöhnliches Engagement als Zeitzeuge und Mahner gegen das Vergessen. Der 99-Jährige ist der letzte noch lebende polnische Überlebende des Konzentrationslagers Mauthausen-Gusen.
„Mit seinem unermüdlichen Einsatz hat Stanislaw Zalewski dazu beigetragen, Generationen von jungen Menschen die abscheulichen Verbrechen des NS-Regimes vor Augen zu führen und hat damit einen nachhaltigen Beitrag im Kampf gegen Extremismus und Totalitarismus geleistet. Dafür gebührt ihm unser Dank und Respekt“, sagte der für Gedenkstätten zuständige Innenminister bei der Verleihung.
Auch im Alter aktiv
Zalewski, der sich im Zweiten Weltkrieg der polnischen Widerstandsbewegung ZWZ/AK angeschlossen hatte, wurde 1943 verhaftet und in die Konzentrationslager Auschwitz und später Mauthausen deportiert. Nach der Befreiung kehrte er nach Polen zurück, studierte Ingenieurwesen und engagierte sich in der Automobilindustrie. Er lebt heute in Warschau.
Trotz seines hohen Alters ist er weiterhin aktiv: Seit 2008 ist er Präsident des „Polnischen Verbands ehemaliger politischer Häftlinge nationalsozialistischer Gefängnisse und Konzentrationslager“, tritt als Zeitzeuge auf, gibt Interviews und nimmt an Gedenkfeiern sowie Begegnungen mit Jugendlichen teil.
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