Konzept der Sektion „Kunst im Kino“: Anna Baumgart
Kuratorin des Programms 2024: Lawinia Rate
14.09. / 20:00 / Wolf Kino

Das diesjährige Programm der Reihe „Kunst im Kino“ versucht, das Phänomen des Rituals in seiner Kultivierung und seinen Transformationen kritisch zu beleuchten. Rituale sind formalisierte Handlungen, Gesten und Äußerungen, die für eine bestimmte Kultur oder Gemeinschaft charakteristisch sind und die Funktion haben, diese zu stützen und zu stabilisieren. Von klein auf werden wir mit Ritualen konfrontiert. Sie sind ein selbstverständlicher, oft unbemerkter Teil des täglichen Lebens. Oft ist es kaum möglich, Rituale als unbeteiligte/r Beobachter*in vom Rande aus zu betrachten. Die präsentierten Künstler*innen verschiedener Generationen haben sich mit den Mitteln des Experimentalfilms und der Medienkunst mit dem Thema auseinandergesetzt. [Lawinia Rate]

Die Sektion „Kunst im Kino” kooperiert mit: buch|bund, Upcycling, Wolf Kino, Muzeum Sztuki Współczesnej in Warschau, ZW Foundation und KFF Sales. Lawinia Rate dankt Weronika Szyma, Zbigniew Libera, Agata Araszkiewicz, Olivia Rosa, Anna Baumgart, Ewelina Rosińska, Adrian Antoniewicz, Marta Świętek, François Rossier, Mathilde Irrmann, Marcin Piekoszewski, Dawid Lewandowski und den Mitarbeiter*innen des Wolf Kinos für die Unterstützung.

Erde Im Mund ©Ewelina Rosińska

Kunst im Kino, Programm 1
Wahrheiten verlorener Rituale

Wanda
Experimentalfilm, R: Anna Baumgart, PL 2023, 21 min, OmeU
Eine Tragödie von im Meer ertrunkenen Pfadfinderinnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts inspirierte Anna Baumgart dazu, Geschichten zu weben, welche die patriarchalen Strukturen, die unser Leben bestimmen, sprengen. Virtuos entwirft sie Zeitlichkeiten, in denen das Heute nicht mehr vom Gestern zu unterscheiden ist, und zeigt ein anderes Miteinander – nah am Wasser. [lr]

Z ziemią w buzi / Earth in the Mouth
Experimentalfilm, R: Ewelina Rosińska, D 2020, 20 min, oT
Kleine Fragmente, Bilder, manchmal auch ganze Sequenzen – was bleibt in Erinnerung, was prägt für das weitere Leben? Was wird man nicht los, auch wenn es nicht das ist, wofür man selbst steht? Und was wird zum Zentrum der Sentimentalität, das an die Kindheit erinnert? Ewelina Rosińska zeigt, wie Bilder in den Menschen schlummern und welche Kraft in ihnen steckt. [lr]

Jak tresuje się dziewczynki / How to Train Little Girls
Experimentalfilm, R: Zbigniew Libera, PL 1987, 20 min, oT
Wie werden Mädchen erzogen? Wie werden ihnen Verhaltensmuster eingeflößt, die das ganze Leben, den Körper und das Bewusstsein bestimmen? Das geschieht unmerklich – in der unmittelbaren Umgebung, bei Familienzusammenkünften, im täglichen Leben. Die Ironie besteht darin, dass diese Prägung meistens nicht mit böser Absicht geschieht – sondern unwillkürlich im Namen der Fürsorge und in dem Glauben, Erfahrungen zu teilen. Libera lässt uns einen dieser Momente in Zeitlupe betrachten. [lr]

Ciałość / Lushfulness
Experimentalfilm, R: Weronika Szyma, PL 2020, 6 min, oT
Wenn ein Mädchen ihrem Spiegelbild begegnet, verwandeln sich ihre Ängste und Unsicherheiten über ihren Körper unerwartet in eine leidenschaftliche und freie Selbsterforschung. Ihre Fantasien werden zum Leben erweckt. Aber dieses Spiel hat auch eine dunkle Seite. Ist es möglich, sich mit seinem eigenen Ich zu vereinen? [Weronika Szuma]

Zapach ziemi / Smell of the Ground
Experimentalfilm, R: Olivia Rosa, PL 2023, 8 min, oT
Der Film zeigt eine subjektive künstlerische Vision vom Ende des Anthropozäns, inspiriert von Sarah Teasdales Gedicht „There Will Come Soft Rains”. Sie beschreibt eine Reise über menschenleere Planeten, auf denen nur noch Pflanzen, Tiere und die Hinterlassenschaften der Menschen zu sehen sind. Das Verschwinden des Menschen ist hier nicht das Ende, sondern der Beginn einer neuen Welt. [Olivia Rosa]

 

14.09. / 20:00 / Wolf Kino / zu Gast: Agata Araszkiewicz, Anna Baumgart

Lushfulness ©Weronika Szyma

 

Kunst im Kino, Programm 2
Wideokno / Permanent Measurement – Filme von Natalia LL im Schaufenster

Zusätzlich zum Kinoprogramm wird „Kunst im Kino“ mit einer Intervention im Stadtgefüge aktiv. In Schaufenstern rund um das Wolf Kino wird das Schaffen von Natalia LL gewürdigt, indem wenig bekannte konzeptuelle Kurzfilme der Künstlerin gezeigt werden. An jeder Station gibt es Informationen über die Künstlerin und ihre Filme, wobei sich jede Videostation einem anderen Aspekt ihrer künstlerischen Arbeit widmet.

Die Konzeptkünstlerin Natalia LL (1937–2022) arbeitete mit Fotografie, Video, Grafik und Performance. Sie studierte an der Staatlichen Kunsthochschule in Wrocław, 1964 wurde sie Mitglied der Polnischen Vereinigung der Kunstfotografen (ZPAF). Zusammen mit Andrzej Lachowicz, Zbigniew Dłubak und Antoni Dzieduszycki leitete sie von 1970 bis 1981 die Galerie PERMAFO in Wrocław. Von 2004 bis 2013 war sie Dozentin an der Akademie der Bildenden Künste in Poznań.

In ihren Arbeiten setzte sich Natalia LL mit der Sexualisierung und Faschisierung des weiblichen Körpers sowie mit Konsumismus und Werbung auseinander. Ihre Kunst ist zwischen Konzeptkunst, Feminismus und Body Art angesiedelt. Der oft provokante Charakter ihrer Arbeiten trug dazu bei, dass sie häufig zensiert wurden. Zuletzt wurde eine ihrer Arbeiten 2019 unter der PiS-Regierung zusammen mit Werken von Katarzyna Kozyra und der Gruppe Sędzia Główny aus der Dauerausstellung des Warschauer Nationalmuseums entfernt, was in Polen große Proteste auslöste. [Lawinia Rate]

Am 12.09. um 20 Uhr beginnt am buch|bund ein Spaziergang zu den einzelnen Wideokno-Stationen mit der Kuratorin Lawinia Rate.

Rejestracja permanentna co 1 km autostrady E22 / Permanent Measurement of Every 1 km of the E22 Motorway
R: Natalia LL, PL 1970, 2 min, oT
11.–15.09. / 18:00–22:00 / buch|bund

Piramida / Pyramid
R: Natalia LL, PL 1970, 2 min, oT
11.–15.09. / 18:00–22:00 / buch|bund

Punkty podparcia / Points of Support
R: Natalia LL, PL1980, 1 min, oT
11.–15.09. / 18:00–22:00 / Wolf Kino

Rejestracja permanentna czasu / Permanent Measurement of Time
R: Natalia LL, PL 1979, 2 min, oT
11.–15.09. / 18:00–22:00 / Upcycling


Titelfoto: Smell of the Ground ©Olivia Rosa, ASP Kraków