29.11.2024 - 25.02.2025 Aktuelles

Ausstellung: EUROPA II.Yuriy Biley

Yuriy Bileys Arbeiten erzählen die Geschichte der Unabhängigkeitsbestrebungen dreier europäischer Länder, mit denen der Künstler persönlich verbunden ist: Ukraine, Polen und Deutschland.

Yuriy Bileys Arbeiten erzählen die Geschichte der Unabhängigkeitsbestrebungen dreier europäischer Länder, mit denen der Künstler persönlich verbunden ist: Ukraine, Polen und Deutschland. Biley beschreibt diese Bestrebungen sowohl aus der Außen- als auch der Innenperspektive, aus Sicht eines Emigranten und eines Immigranten. In den in dieser Ausstellung gezeigten Werken analysiert er die visuelle Kultur von ausgewählten Momenten der Geschichte, jedoch nicht über bestimmte historische Ereignisse, sondern schafft vielmehr einen Zugang über die weniger offensichtlichen Prozesse, die zu diesen Ereignissen geführt haben.

Die Ausstellung in der Galerie des polnischen Instituts Wien setzt sich zudem mit den Themen Freiheit und Demokratie auseinander und geht – anhand von Archivmaterial der 1960-1990er Jahre – der Frage nach, wie sich diese Begriffe in Europa verändert haben.

Biley beginnt mit Fotografien von Rolf Goetze, der die wichtigsten Ereignisse des kalten Krieges, unter anderem die Massenproteste in West-Berlin, dokumentiert hat. Anschließend greift er die von Władyslaw Hasior in seiner „Poesie am Straßenrand“-Serie fotografierte Propaganda-Slogans auf. Ein aus sowjetischen Postkarten und Fotoalben bestehendes Projekt schließt das Thema ab. Hierbei stellt er die wichtigste Narrative imperialistischer Propaganda dar, wie sie in der Ukraine über Jahrzehnte verbreitet wurden.

Jeder der drei Ausstellungsabschnitte thematisiert die Grenzen des politischen Einflusses der Sowjetunion und, später, des in die Fußstapfen des Sowjetreiches getretenen Russlands. Die drei Abschnitte zeigen gleichzeitig auch die Grenzen westlicher Demokratie auf – Strömungen, die sich nicht nach geografischen Grenzen richten, sondern sich fließend von West nach Ost ausbreiten.

Biley betrachtet diese Prozesse aus einer historischen Perspektive. Er wirft auch die Frage auf, inwiefern diese Prozesse angesichts der Tatsache, dass die Ukraine als östlichster Vorposten europäischer Demokratie um ihre Unabhängigkeit kämpft, das Potential haben, sich zu wiederholen.

Im Gegensatz zu den Bürger:innen der zuvor genannten Länder befinden sich Ukrainer:innen in einem umfassenden und mit voller Härte geführten Krieg, wie ihn Europa in diesem Ausmaß seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt hat. In diesen unseligen und unsicheren Zeiten birgt Bileys historische Perspektive gleichsam auch ein Versprechen auf einen glücklichen Ausgang.

 

Der Künstler stellt verschiedene Darstellungsformen von Propaganda nebeneinander: Dokumentarfotografie, auf Postkarten gedruckte Fotografien sowie in Alben veröffentlichte Fotografien. Das dafür verwendete Archivmaterial eignet sich hervorragend für die angestrebten Zwecke und veranschaulicht die Prozesse, die in einer künstlerischen Vision eines Sieges der Demokratie gipfeln. In der sich mit journalistischer Fotografie beschäftigenden Ausstellungsreihe FREIHEIT FÜR ALLE, hebt Biley die Slogans hervor, die zuhauf bei Massenprotesten in Westberlin auf dem Höhepunkt des kalten Krieges und während des Baus der Berliner Mauer zu sehen waren. Es sind eben diese Slogans, die sich am 09. November 1989 gegenüber einem zwischen den Alliierten und den Sowjets aufgeteilten Land als siegreich erweisen sollten. Berlin wurde zum Symbol für die Teilung Europas zwischen Demokratie und Kommunismus und als die Mauer fiel, wurden ihre Überreste ein Symbol für den Niedergang des sowjetischen Totalitarismus.

DER WERT DIESER WORTE HÄNGT AUCH VON DIR AB arbeitet ironische Aspekte vieler Propagandasprüche heraus, welche in Polen zur Zeit des Kommunismus zu lesen waren. In einer Reihe digitaler Collagen, die sich stilistisch auf politische Propaganda des späten 20. Jahrhunderts beziehen, stellt Biley ein fiktives, verlorenes oder zukünftiges Polen dar. Der Titel der dritten Ausstellungsreihe lautet MALERISCHE UKRAINE, in Anlehnung an Taras Shevchenkos Radierungen aus dem Jahr 1844, welche erweitert und thematisch untergliedert wurden: ukrainische Geschichte, Volksleben, Brauchtum, Folklore, Natur und Denkmäler, wobei der Künstler letztgenannter Kategorie besondere Aufmerksamkeit zukommen lässt. Er wählte bewusst Shevchenko, da er nicht nur von dessen Werken und Lebensgeschichte, sondern auch von der Figur als Symbol der ukrainischen nationalen Identität inspiriert war.

Biley stellt sämtliche Statuen und Denkmäler, die eine gemeinsame sowjetische Geschichte heraufbeschwören sollen, in einem düsteren Dämmerlicht dar. Diese gemeinsame sowjetische Geschichte war ein auf Manipulation beruhender Mythos, der sowohl die geschichtlichen Ursprünge der Ukraine als auch entscheidende geschichtliche Ereignisse wie den „Großen Vaterländischen Krieg“, der anstelle des zweiten Weltkriegs in der Sowjetunion propagiert wurde, verfälscht darstellt. Dieser von 1941 bis 1945 andauernde Krieg endete mit einem sowjetischen Sieg über das nationalsozialistische Deutschland. Um das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den zahlreichen sowjetischen Nationen zu stärken, wurde der Sieg über Nazideutschland stets als ein gemeinsamer Sieg dargestellt, was sich unter anderem in vielen Denkmälern, welche der Freundschaft der Sowjetvölker gewidmet sind, äußert. Dieses Ziel, das auch noch von der russischen Föderation verfolgt wurde, ist gescheitert. Heute wird ein Krieg zur Zerstörung der ukrainischen Unabhängigkeit geführt. Die Ukraine muss sich endgültig ihrer falsch erzählten Geschichte entledigen und sich bewusst aller russischen Einflussnahme erwehren. Das, was Deutschland und Polen auf eine zwar revolutionäre, aber doch friedliche Art und Weise erreicht haben, ist in der Ukraine nun unmöglich geworden. Den Spuren der Geschichte folgend, analysiert der Künstler diverse visuelle Begleitmotive und lenkt die Aufmerksamkeit darauf, wie wichtig es ist, entscheidende Momente der Geschichte und ihre Gründe und Folgen stets neu zu denken und zu analysieren. Yuriy Biley betont, dass die nächste Phase im Kampf um die neuen Grenzen der Demokratie in Europa nun begonnen hat.

 

Künstler: Yuriy Biley
Kuratorin: Marta Czyż
Kuratorische Betreuung der p_art Galerie: Maciej Łyczek, Magdalena Bielecka (Polnisches Institut Wien)
Produktion: Natalia Budzińska, Agata Połeć
Grafische Gestaltung: Ola Jasionowska

 


Datum und Uhrzeit: 29. 11. 2024 – 25. 2. 2025
Ort: p_art Galerie, Am Gestade 7, 1010 Wien
Info und Karten: Eintritt frei
Veranstalter: Polnisches Institut Wien, BWA Galerie Wrocław

Partner: Botschaft der Republik Polen in Wien, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Wien, Botschaft der Ukraine in der Republik Österreich 

Fotos: Emilia Milewska


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