Mo 14.12.1998 – Sa 19.12.1998 Ein Gesprächsabend mit Gästen aus Weißrußland, Polen und Deutschland in Zusammenarbeit mit der Adalbert-Stiftung-Krefeld.

Die Demokratisierungsprozesse im ehemaligen Ostblock nach 1989 gehen mit sehr unterschiedlichem Tempo voran. Ab und zu sind sie sogar fast rückgängig. Das ist leider im Falle Weißrußlands so.

Präsident Alexander Lukaszenko, vom Volk „Backo = Väterchen” genannt, löste 1996 das Parlament auf und setzte die demokratische Verfassung von 1994 außer Kraft. Die Medien sind zu fast 100 % unter seiner Kontrolle. Lukaszenko nutzt die Medien, um seine Amtszeit verfassungswidrig zu verlängern.

Aufgelöstes Parlament, wieder eingesetzte Medienkontrolle, keine wirtschaftlichen Reformen, die die Entwicklung zu einer freien Gesellschaft unterstützen könnten, zahlreiche Verstöße gegen die Menschenrechte, das sind die Hauptmerkmale der Entwicklung Weißrußlands in der letzten Zeit unter Präsident Lukaszenko.

Ein Land mit über zehn Millionen Bewohnern und einer Fläche von 207,6 Tausend qkm ist auf den europäischen Hauptwegen positioniert, verbindet Osteuropa mit Zentraleuropa, verbindet die Wege vom Schwarzen Meer zur Ostsee. Ein Land, durch die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges umgewälzt, von kommunistischer Herrschaft aller historischen Traditionen beraubt, mit dem tragischen Finale von Tschernobyl, eine ethnisch gemischte, neu entstehende weißrussische Gesellschaft erlebt nach anfänglicher Demokratisierung erneut schwere und unsichere Zeiten. Scheinbar weit entfernt von Westeuropa liegt Weißrußland in Wirklichkeit in geographischer Nähe, und sein Schicksal ist nicht ohne Bedeutung für die Länder des westlichen Teils des Kontinents.

Widmen die Europäer dieser Situation genug Aufmerksamkeit? Sind wir empfindlich genug für die Probleme der Menschen, die knapp 1000 km von uns entfernt wohnen? Engagieren wir uns für all diejenigen Leute innerhalb Weißrußlands, die sich nach Freiheit sehnen und für diejenigen, die heute mit großem Mut für den Erhalt der europäischen Werte eintreten und kämpfen?