11.01.2013 - 14.12.2013 Musik, Programm

Witold Lutosławski – Jahr 2013

 

Fr 11.01.2013 – Sa 14.12.2013 Tonhalle, Ehrenhof 1, 40479 Düsseldorf

WITOLD LUTOSŁAWSKI JAHR 2013: http://lutoslawski.culture.pl/web/lutoslawskien/
Lutosławskis Musik ist so gebaut, sie ist von solch einer Tiefe und Schönheit, dass es einem wirklich den Atem verschlägt.“ Anne-Sophie Mutter

2013 wird der 100. Geburtstag des polnischen Komponisten, Dirigenten und Pianisten Witold Lutosławski (1913-1994) gefeiert, der zu den größten Künstlern des 20. Jahrhunderts zählt. Seine Musik gilt als beispielhaft für ein perfektes Gleichgewicht zwischen Tradition und Avantgarde. Die Tonhalle Düsseldorf und das Polnische Institut Düsseldorf laden im Januar 2013 zu einem Witold Lutosławski gewidmeten Konzertzyklus ein.

KONZERTTERMINE: www.tonhalle-duesseldorf.de
Freitag, 11.01.2013, 20.00 Uhr
Sonntag, 13.01.2013, 11.00 Uhr
Montag, 14.01.2013, 20.00 Uhr

Düsseldorfer SymphonikerClaudia Barainsky (Sopran), Andrey Boreyko (Dirigent)
Konzertprogramm:
Maurice Ravel, Le tombeau de Couperin
Krzysztof Meyer, Chansons d’un rêveur solitaire (Auftrag der Düsseldorfer Symphoniker)
Maurice Ravel, Pavane pour une infante défunte
Witold Lutosławski, Konzert für Orchester

Samstag, 12.01.2013
– 19.00 Uhr: Gespräch mit dem Komponisten, Lutosławski- Biograph und Freund, Prof. Krzysztof Meyer und der Musikwissenschaftlerin Dr. Danuta Gwizdalanka.
– 20.00 Uhr: Konzert des Ensemble Différance
Konzertprogramm:
Witold Lutosławski, Zwei Etüden für Klavier
Frank Zabel, Concertino für zwei Klaviere und Schlagzeug
Stefan Thomas, Neues Werk für Klavier, Schlagzeug und Elektronik
Witold Lutosławski, Variationen über ein Thema von Paganini (Fassung für zwei Klaviere und Schlagzeug von Marta Ptaszyńska)
Béla Bartók, Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug

Musik ist im Grunde ein großes Geheimnis. Wir wissen nicht, wie und warum sie bestimmte Reaktionen in uns hervorruft und Ursprung von Erlebnissen unerhörten Reichtums ist. Könnten wir das Geheimnis der Musik enthüllen, das, was ihr Wesen ausmacht und es in Worte fassen, dann würde die Musik überflüssig. Glücklicherweise ist das unmöglich.“ Witold Lutosławski 

Aus dem Programmheft zu den Symphoniekonzerten am 11.,13.+14.1.:
Volkstümlich maskierte Moderne – Lutosławskis „Konzert für Orchester“
Intrada, Passacaglia, Toccata, Choral – die Satztitel von Witold Lutosławskis „Konzert für Orchester“ lassen an Barockmusik denken. Der Gesamttitel jedoch bezieht sich auf Bela Bartok und dessen gleichnamiges Werk aus dem Jahr 1943. „Konzert für Orchester“ – diese Bezeichnung erscheint widersinnig, denn üblicherweise ist ein Konzert ein Stuck, in dem ein Soloinstrument einem Orchester gegenübertritt. Der Solist darf seine ganze Virtuosität zeigen, während das Orchester ihn begleitet oder auch dramatische Akzente setzt. Doch genau wie Bartok wollte auch Lutosławski die besonderen Fähigkeiten nicht eines Solisten, sondern eines ganzen Klangkörpers herausstellen. Witold Rowicki, der Leiter des nach dem Zweiten Weltkrieg neu begründeten Warschauer Philharmonischen Orchesters, hatte 1950 ein „herausforderndes“ Stuck bei ihm in Auftrag gegeben. Fertigstellen konnte Lutosławski das „Konzert für Orchester“ allerdings erst 1954. Der Name Bartok steht aber noch für etwas anderes: die Verschmelzung osteuropäischer Volksmusik mit fortgeschrittener Kunstmusik. Um die Attraktivität Bartoks für einen polnischen Komponisten wie Lutosławski zu verstehen, muss man sich die Machtverhältnisse der Zeit vergegenwärtigen. Die Sowjetunion hatte nach dem Krieg ihren Einfluss auf ganz Osteuropa ausgedehnt – mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Kulturpolitik der betroffenen Länder. Gemäß der Doktrin des „sozialistischen Realismus“ wurde zum Beispiel Lutosławskis erste Symphonie 1949 als „formalistisch“ eingestuft und verboten. Der Begriff „Formalismus“ umfasste im Jargon der Kulturfunktionare praktisch alles, was nicht dem Geschmack der großen Masse entgegenkam – vor allem Atonalität und Dissonanzen. Dem propagierten „Realismus“ genügten dagegen volksliedhafte Melodien und die harmonische Sprache des 19. Jahrhunderts. Erst ab 1956, drei Jahre nach Stalins Tod, öffnete sich Polen der Neuen Musik, und auch Lutosławski nutzte jetzt die Möglichkeit, sich mit den verschiedenen Avantgarde-Strömungen auseinanderzusetzen. Er war in dieser Zeit Mitbegründer des Festivals „Warschauer Herbst“, des wichtigsten Forums Neuer Musik in Osteuropa. Und er entwickelte einen eigenen Kompositionsstil, der sich durch die von John Cage inspirierte „begrenzte Aleatorik“ (also die Einbeziehung von Zufall und Improvisation) sowie durch eine eigenwillige Adaption der Zwölftontechnik auszeichnete. Doch bis es soweit war, galt es Kompromisse zu schließen. Wie viele seiner Kollegen half sich auch Lutosławski durch Einbeziehung von Volksmusik. Sie sollte die von der Kulturbürokratie geforderte Verständlichkeit garantieren. Allerdings greift das „Konzert für Orchester“ – im Unterschied zu manchen Gelegenheits-und Brotarbeiten Lutosławskis – polnische Folklore nur recht oberflächlich auf: Masowische (aus der Gegend um Warschau stammende) Melodien dienen als Rohmaterial. Sie werden mit neuen Harmonien, atonalen Kontrapunkten und neobarocken Satzformen kombiniert und haben daher nur noch geringen Einfluss auf die endgültige Gestalt der Musik. Elegant umging Lutosławski so die ihm auferlegten Beschränkungen und schrieb ein anspruchsvolles, persönlich gefärbtes Werk.
Jürgen Ostmann


„Ich liebe das Französische“
Ein Gespräch mit Krzysztof Meyer

Offiziell war Krzysztof Penderecki sein Lehrer, doch es gibt zwei Komponisten, die den gebürtigen Krakauer Krzysztof Meyer weit starker beeinflussten: zum einen Dmitri Schostakowitsch, den er immer wieder in Moskau besuchte, und zum anderen Witold Lutosławski, der ihm in Warschau privaten Kompositionsunterricht gab. Von ihnen mag Meyer auch die künstlerischen Ziele übernommen haben, die seitdem sein Komponieren bestimmen – Ausprägung einer unverwechselbar eigenen Tonsprache, Verantwortung für jede Note und das Bemühen, den Hörer „seelisch zu erreichen und zu bereichern“. Ziele, die er immer auch seinen eigenen Schülern zu vermitteln suchte –1966 bis 1987 an der Krakauer Musikakademie und von 1987 bis 2008 an der Kölner Musikhochschule. Krzysztof Meyer leistete Beitrage zu altehrwürdigen Gattungen wie Symphonie, Konzert, Streichquartett, Sonate, Messe oder Oper, die er aber mit neuen Inhalten füllte. Ein Werk, das Verwurzelung in der Tradition mit einer großen Offenheit gegenüber aktuellen Ideen und Kompositionstechniken verbindet.

Herr Meyer, bereits vor 16 Jahren waren Sie bei der Uraufführung eines Ihrer Werke in der Tonhalle zugegen. Was ist es für ein Gefühl, wenn man als Komponist die Uraufführung eines eigenen Stückes hautnah miterlebt?

Man erwartet die ersten Proben mit Spannung und Neugier, nicht ohne Lampenfieber sogar. Ich würde sagen, die Proben sind für mich spannender als die Uraufführung selbst. Das ist ja letztendlich die erste Konfrontation zwischen dem, was ich mir innerlich vorgestellt habe und dem, was ich bei der ersten Probe höre. Dabei erfahre ich in der Regel eine gewisse Unzufriedenheit und mache deswegen nach der Uraufführung noch kleine und manchmal sogar größere Korrekturen. Ich erinnere mich sehr gut, wie hervorragend Boris Pergamenschikov mein Cellokonzert 1996 gespielt hat, es war für mich eine Offenbarung. Ich erinnere mich auch detailliert, wie lange wir nach dem Konzert diskutiert haben und was ich in meiner Partitur später geändert habe.

Sie haben Gedichte des französischen Symbolisten Paul Verlaine für Ihr neues vokalsymphonisches Werk ausgewählt. War es „Zufall“ im besten Sinne oder ein lang gehegter Wunsch, Verlaine in Musik zu setzen?

Das war gar kein Zufall. Die Werke von Paul Verlaine gehören zu meiner Lieblingspoesie und eignen sich sehr gut für eine Vertonung. Lange hatte ich nach einem passenden Text gesucht, den ich schließlich in den Gedichten von Verlaine fand. Außerdem war mir auch von vornherein klar, dass ich französische Poesie vertonen werde. Ich liebe das Französische in Verbindung mit Gesang und seine Prosodie mit dem Akzent auf der letzten Wortsilbe. Von den Sprachen, die ich kenne und gern vertone, steht mir das Französische ganz ohne Frage am nächsten.

Verlaines Gedichte strotzen geradezu vor Expressivität. Wie laufen Klangsprache von Wort und Musik zusammen?

Wie es immer bei mir ist, war der allgemeine Abriss des Stückes entstanden, bevor ich die richtigen Verse gefunden hatte. Jede meiner Vokalkompositionen ist ein mehrschichtiges Gebilde, deren rein klanglicher Ablauf in engem Zusammenhang mit dem poetischen Ablauf steht. Trotzdem denke ich zuerst rein musikalisch, ohne einen passenden Text zu haben. Wenn mir die allgemeine Konzeption des Werkes endlich klar ist, beginne ich nach einer geeigneten Poesie zu suchen. Genauer gesagt: Mir diktiert die allgemeine Vorstellung von dem Werk die Wahl eines entsprechenden Textes. Daraus wird ersichtlich, dass ich eine vokal-instrumentale Komposition immer als das Resultat der sich ständig gegenseitig beeinflussenden Schichten – der poetischen und der musikalischen verstehe.

Die Düsseldorfer Symphoniker setzen in diesem Konzert einen starken Akzent Richtung Polen, indem sie nicht nur Ihre Orchesterlieder vorstellen, sondern auch das „Konzert für Orchester“ Ihres Weggefährten Witold Lutosławski spielen. Was verbindet Sie mit Lutoslawski?

Ich liebe die Musik von Witold Lutosławski, und es ist für mich eine große Freude, in einer Zeit zu leben, in der die Musik dieses Komponisten sich die allgemeine Anerkennung erringt. Ich hatte großes Glück, Lutosławski persönlich kennengelernt zu haben. Nach meinem Debut beim Warschauer Herbst 1965 hat er mir vorgeschlagen, sich zu privaten Konsultationen zu treffen. Ich muss sagen, dass er ein hervorragender Lehrer war. Neben dem Kompositionsunterricht maß er ständig der musikalischen Allgemeinbildung große Bedeutung bei. Seine Bemerkungen waren stets unglaublich präzise. Vor allem alles, was mit der Harmonik zu tun hatte, erklärte er besonders klar und deutlich. Er war der Meinung, dass die Harmonik von vielen zeitgenössischen Komponisten vernachlässigt wird und betonte, dass es höchste Zeit ist, „wieder harmonisch zu denken“.

Jüngst ist eine umfangreiche Lutosławski-Biografie aus Ihrer Feder erschienen. Gibt es Parallelen zwischen dem Schreiben von Büchern und dem Schreiben von Musik?

Nein, gar keine. Bucher und Artikel zu schreiben ist eine Art von Hobby, das Komponieren dagegen – mein Beruf!

Das Gespräch führte Ariane Stern.
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