4.03.2015 Ausstellungen, Geschichte & Diskussionen

Das Museum des Lebens

 

Mi 04.03.2015 18.00 Uhr, Eintritt frei
Stadtmuseum Düsseldorf, Berger Allee, 40213 Düsseldorf, Eintritt: frei

Im Warschauer Stadtteil Muranów lädt seit Ende Oktober 2014 „POLIN“, das Museum der Geschichte der polnischen Juden (polnisch: Muzeum Historii Zydów Polskich), Besucher in die Dauerausstellung ein. Das von den Finnen Ilmari Lahdelma und Rainer Mahlamäki konzipierte Gebäude aus Glas, Kupfer und Beton befindet sich auf dem Terrain des ehemaligen Warschauer Ghettos gegenüber dem Denkmal für die Helden des Warschauer Ghetto-Aufstandes, vor dem Willy Brandt 1970 niederkniete. 1994 war dieser Platz von der Stadt Warschau für den Standort des künftigen Museums bestimmt worden. Jahrzehnte wurde an diesem Ort der umgekommenen Juden gedacht, jetzt soll hier an jüdisches Leben erinnert werden. 20 Jahre dauerte es, bis der jüdische Trägerverein, Polens Kulturministerium und die Stadt Warschau mithilfe vieler ausländischer Spenden dieses ambitionierte Projekt umsetzen konnten.

Die nun zu besichtigende Dauerausstellung wurde von einem internationalen Team aus Wissenschaftlern und Museumsfachleuten unter der Leitung der kanadischen Kulturanthropologin Barbara Kirshenblatt-Gimblett erstellt. Anlässlich der Eröffnung publizierte sie einen grundlegenden Essay dazu, in dem sie zwölf Prinzipien der Konzeption erläutert.[1] Sie legt dar, dass die Ausstellung ein breites Beziehungsspektrum präsentiere, das die Besucher als Narrativ von Koexistenz und Wettbewerb, Konflikt und Kooperation, Separation und Integration wahrnehmen könnten, ohne die Geschichte der polnischen Juden auf die Geschichte der polnisch-jüdischen Beziehungen zu reduzieren. Die Juden seien Akteure der Geschichte und nicht nur Objekte, auf die man Fantasien und Ängste projiziert habe. Ferner hätten die Kuratoren der Ausstellung das große Ziel gehegt, das historische Präsens anzuwenden und ausschließlich die Stimmen der jeweils vorzustellenden Zeit zu Wort kommen zu lassen. Darüber hinaus habe man sich vorgenommen, Geschichte pars pro toto darzustellen.

Diese komplexe Ausstellung stellt eine großartige Leistung dar. Nie zuvor ist es gelungen, die dichte Verwobenheit von polnischer und jüdischer Geschichte so bildhaft und facettenreich zu erzählen. Die Strategien des Teams von Barbara Kirshenblatt-Gimblett sind aufgegangen. Die Prinzipien des langen Narrativs, des historischen Präsens und der Darstellung pars pro toto überzeugen. Auch Marian Turski, der älteste Initiator des gesamten Vorhabens, resümiert, die neue Art des Museums sei gelungen.[10] „Die Ausstellung erfüllt ihren Zweck, sie ist vor allem für Jugendliche und ausländische Besucher gemacht“, sagt Artur Hofman, Vorsitzender der landesweit aktiven Sozialkulturellen Gesellschaft der Juden (TSKZ) aus Warschau.[11] Als Hofman Ende Oktober diese Meinung äußerte, konnte er nicht ahnen, dass polnische Besucher in Scharen in das Museum strömen würden. Die Verantwortlichen – auch der Direktor Dariusz Stola[12] – sind erleichtert, dass die Dauerausstellung so positiv aufgenommen wird. Nicht zuletzt formulierte der polnische Journalist Roman Pawlowski, was viele polnische Besucher empfinden: „Diese Erzählung über die Geschichte der polnischen Juden ist gleichzeitig das erste Museum der Geschichte Polens.“[13] Die Ausstellung hat einen neuen Standard gesetzt. Die Latte für künftige Vorhaben, etwa für das geplante Museum der Geschichte Polens in Warschau, liegt hoch.

„POLIN – Das Museum des Lebens“
Warschau – eine Gedenkstätte des Holocausts verändert ihr Gesicht.

Vortrag von Marian Turski

Marian Turski, Historiker, Journalist, Gefangener in Auschwitz, ist einer der Initiatoren des vor Kurzem eröffneten Museums der Geschichte der Polnischen Juden POLIN.. In seinem Vortrag erzählt er, wie das Museum entstanden ist und welche Botschaft es vermitteln will.
Marian Turski (geb. am 26.06.1926 als Mosze Turbowicz in Druskininkai) ist ein polnischer Journalist jüdischer Abstammung und Vorsitzender des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau, Mitglied des Hauptvorstands des Vereins der Jüdischen Kombattanten und Opfer des Zweiten Weltkrieges, Mitglied des Internationalen Auschwitz-Rates und des Rates des Hauses der Wannseekonferenz. Seit 26. März 2009 ist er Vorsitzender des Rates des Warschauer Museums der Geschichte der polnischen Juden.
2013 wurde Marian Turski mit dem Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für seinen lebenslangen Einsatz für Versöhnung und Dialog ausgezeichnet.
Am 27. Januar 2015 nahm er an einer Bundestags-Sondersitzung zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (70. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz) teil.

Die Veranstaltung findet statt im Rahmen der Jüdischen Kulturtage im Rheinland 2015 http://www.juedische-kulturtage-rheinland.de , gefördert durch die Landeshauptstadt Düsseldorf, unterstützt durch die Israelische Botschaft.
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