Hommage an Krzysztof Kieślowski – zum 80. Geburtstag des Regisseurs im Rahmen des Frankreich-Polen-NRW – Jahres
09.– 23. Juni 2021, Black Box, Kino im Filmmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf
Schulstr. 4, 40213 Düsseldorf, Tel.: 0211 899 22 32 https://www.duesseldorf.de/aktuelles/news/detailansicht/newsdetail/detail/News/hommage-an-krzysztof-kieslowski-1941-1996.html
„Es ist unwichtig, wo man die Kamera aufstellt, es ist wichtig warum“ (Krzysztof Kieślowski)
Hommage an Krzysztof Kieślowski umfasst eine Auswahl von vier Spielfilmen (polnische und internationale Produktionen) und vier dem deutschen Publikum weniger bekannte Dokumentarfilmen sowie die deutsche Dokumentation „Begegnung mit Krzysztof Kieślowski“ (1995), über das Leben und das Werk des Regisseurs. Außerdem wird „Das Gesicht“, ein Studentenfilm aus dem Jahr 1966 gezeigt, in dem Krzysztof Kieślowski, der damals selbst Student an der Filmschule in Łódź war, die Hauptrolle spielte.
„La double vie de Véronique“ / „Podwójne życie Weroniki” / „Die zwei Leben der Veronika“, F PL N 1991, 98 min, poln. OmU/DF
„Ich habe ein seltsames Gefühl. Es fühlt sich an, als wäre ich nicht allein auf der Welt.“ sagt Weronika, eine junge Polin. Seit Jahren ist sie sich der Existenz ihrer Seelenverwandten bewusst, aber dies bleibt auf der Sphäre ihrer Intuition beschränkt. Der Film erzählt die Geschichte einer mysteriöse Beziehung zweier junger Frauen, die eine aus Krakau und die andere aus Paris. Sie sehen gleich aus, beide sind musikalisch begabt und haben gesundheitliche Probleme. Sie wissen aber nichts voneinander, bis Weronika während einer Demonstration auf dem Krakauer Hauptplatz eine junge Frau in einem Bus mit französischen Tourist:innen bemerkt, das genauso aussieht wie sie. „La double vie de Véronique“ war Kieślowskis erste Produktion außerhalb Polens, die nach dem internationalen Erfolg des „Dekalogs“ entstand. Bei den Filmfestspielen von Cannes 1991 lief der Film im Wettbewerb und gewann den FIPRESCI-Preis. Irène Jacob wurde als beste Schauspielerin ausgezeichnet.
R: Krzysztof Kieślowski, B: Krzysztof Kieślowski, Krzysztof Piesiewicz, K: Sławomir Idziak, M: Zbigniew Preisner, D: Irène Jacob, Władysław Kowalski, Sandrine Dumas u.a.
„Przypadek” / „Der Zufall möglicherweise“, PL 1981/ Premiere 1987, 124 min, OmeU (uncut).
Ende der 1970er-Jahre: Polen befindet sich in einer Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs. Witek, ein Medizinstudent aus Łódź, erfährt vom Tod seines Vaters. Er beschließt, sein Studium abzubrechen und geht nach Warschau. Als er am Bahnhof ankommt, nimmt seine Geschichte drei verschiedene Verläufe. Kieślowskis Film ist eine Parabel über das menschliche Schicksal, das von zufälligen Begegnungen abhängig ist und dennoch einem unausweichlichen Ziel entgegenstrebt. In der ersten Variante ergreift Witek Partei für das zusammenbrechende kommunistische System, in der zweiten für die Oppositionsbewegung Solidarność. In der dritten Version entscheidet er sich für eine wissenschaftliche Karriere und ein Leben ohne politisches Engagement. „In dem formal herausragenden Film tritt neben die scharfsichtige Analyse der politischen Umbruchssituation in Polen zu Beginn der 1980er-Jahre die Analyse der existentiellen Problematik des moralisch richtigen Handelns.“ (Filmdienst). Der Film entstand 1981. Die kommunistische Zensur verbot den Film zunächst, sodass die Premiere erst 1987 stattfinden konnte.
R/B: Krzysztof Kieślowski, K: Krzysztof Pakulski, M: Wojciech Kilar, D: Bogusław Linda, Tadeusz Łomnicki, Zbigniew Zapasiewicz, Bogusława Pawelec, Marzenma Trybała u.a.
„Krótki film o miłości” / „Ein kurzer Film über die Liebe“, PL 1988, 83 min, OmU
„Ein kurzer Film über die Liebe” ist die Kinofassung des sechsten Teils der Fernsehserie „Dekalog“. Der Film spielt in einer typischen Warschauer Hochhaussiedlung. Tomek ist ein empfindlicher junger Mann. Er mietet ein Zimmer bei der Mutter seines Freundes. Tagsüber arbeitet er bei der Post und abends beobachtet er durch ein Teleskop eine Frau in dem Hochhaus gegenüber. Tomek verliebt sich in seine Nachbarin und unternimmt unbeholfene Versuche, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Das Treffen wird zu einem raffinierten und gefährlichen Spiel zwischen den beiden. Schließlich nehmen die Ereignisse eine dramatische Wendung. Der Film zeigt auf sensible Weise die innere Verwandlung zweier ungleicher und verletzter Menschen.
R: Krzysztof Kieślowski, B: Krzysztof Kieślowski, Krzysztof Piesiewicz, K: Witold Adamek, M: Zbigniew Preisner, D: Grażyna Szapołowska, Olaf Lubaszenko, Stefania Iwinska u.a.
Eine Auswahl von vier Dokumentarfilmen:
Byłem żołnierzem“ / „Ich war ein Soldat“, Co-Regie Andrzej Titkow, PL 1970, 16 min, OmeU
„Ich war ein Soldat“ ist ein mit minimalistischen Ausdruckmitteln gemachter Dokumentarfilm und gleichzeitig einer der bewegendsten Antikriegsfilme überhaupt. Kieślowskis Bild von Soldaten und Veteranen des Zweiten Weltkriegs in Film unterscheidet sich von dem, was über die Propaganda der Volksrepublik Polen den Krieg verbreitet hat. Der Regisseur zeigt den schrecklichen Preis, den die Menschen für ihre Teilnahme am Krieg zahlen mussten.
„Murarz“ / „Der Maurer“, PL 1973, Premiere 1981, 16 min, OmeU
Der Dokumentarfilm „Der Maurer“ erzählt die Geschichte Józef Malesas, eines Warschauer Maurers und Parteiaktivisten. Malesa gab seine Parteikarriere nach den politischen Ereignissen im Oktober 1956 auf. Er fühlte sich von der Partei enttäuscht, im Stich gelassen und betrogen. Er kehrte anschließend in seinen erlernten Beruf zurück.
„Z punktu widzenia nocnego portiera“ / „Vom Standpunkt eines Nachtwächters”, PL 1977, 15 min, OmeU
Der Film ist ein Monolog eines Fabrikwächters, der über sein Leben und seine Arbeit spricht. Der Nachtwächter liebt es, Menschen zu kontrollieren und ist fanatisch in Hinblick auf Disziplin. Der Film zeigt, wie ein totalitäres System einen Bürger zu einem rücksichtslosen und gehorsamen Individuum formen kann, das blind den von der Ideologie vorgegebenen Zielen folgt.
„Gadające głowy” / „Sprechende Köpfe”, PL 1980, 14 min, OmeU
Kieślowski stellt seinen Protagonist:innen unterschiedlichen Alters (vom einjährigen Kind bis zur 100-jährigen Frau) zwei einfache Fragen: „Wer sind Sie?“ und „Was möchten Sie?“ Die Erwachsenen sprechen vor der Kamera vor allem über ihr Bedürfnis nach Freiheit, Demokratie und Respekt.
„Twarz“ / „Das Gesicht” von Piotr Studziński, PL 1966, 6 min. (ohne Ton)
Der Studentenfilm „Das Gesicht” unter der Regie von Piotr Studziński war die erste schauspielerische Erfahrung Krzysztof Kieślowskis, einem damals 25-jährigen Studenten der Filmhochschule Łódź. Der zukünftige Regisseur spielte einen jungen Maler, der an einem Selbstporträt arbeitet.
„Begegnung mit Krzysztof Kieślowski” von Andreas Voigt und Lothar Kompatzki
D 1995, 45 min, DF
Im Filmstudio in der Chełmska-Straße in Warschau, im legendären Raum D, wo die kommunistische Zensur über das Schicksal von vielen Filmen entschied, findet die „Begegnung mit Krzysztof Kieślowski“ statt. Der deutsche Dokumentarfilmer Andreas Voigt mit Kieślowski über sein Leben und seine Filme. Die Erinnerungen des Künstlers werden auch zum Ausgangspunkt für eine Reflektion über den Zustand des Menschen in der modernen Welt. Ein intensives, sehr persönliches Porträt des polnischen Regisseurs, das kurz vor seinem Tod entstand.
„Amator“ / „Der Filmamateur”, PL 1979, 117 min, OmU
Der Film spielt in einer polnischen Provinzstadt Mitte der 1970-ger Jahre. Filip kauft eine Filmkamera, um das Leben seiner Familie zu dokumentieren. Der Fabrikdirektor erfährt von der sensationellen Anschaffung und bittet ihn, eine Reportage über ein Firmenjubiläum zu drehen. Dieser Film wird bei einem Wettbewerb eingereicht und gewinnt einen Preis. Filips bisher eher friedliches und ruhiges Leben beschleunigt sich: Er gründet einen Filmclub und bekommt Aufträge, Dokumentarfilme für das Fernsehen zu drehen. Seine Produktionen, die die Wahrheit über die Menschen erzählen und viele Kontroversen vor Ort offen zeigen, werden zu einer Quelle zahlreicher Missverständnisse. Seine Filme erzählen keine Erfolgsgeschichten, wie sie für Propaganda der kommunistischen Zeit typisch sind. Der Filmamateur muss die Frage beantworten, ob er sich selbst treu bleiben und die Wirklichkeit wahrheitsgetreu abbilden, oder einen unmoralischen Pakt mit den Kommunist:innen schließen und ihre Propaganda bedienen möchte.
R: Krzysztof Kieślowski, B: Krzysztof Kieślowski, Jerzy Stuhr, K: Jacek Petrycki, M: Krzysztof Knittel, D: Jerzy Stuhr, Małgorzata Ząbkowska, Ewa Pokas, Stefan Czyżewski, Jerzy Nowak, u.a.
Krzysztof Kieślowski (1941 – 1996) absolvierte 1969 die Regiefakultät der Filmhochschule Łódź. Er war Regisseur, Drehbuchautor, Fotograf und Filmdozent an Filmschulen in Łódź Katowice, Berlin und Helsinki. Er drehte 25 Dokumentar- und 21 Spielfilme und wird in einer Reihe mit Ingmar Bergman, Michelangelo Antonioni oder Andrej Tarkowski gennant. Ebenso wie sie verfolgte er seinen eigenen individuellen Weg. Seine künstlerische Devise lautete: „Es ist nicht wichtig, wo du die Kamera aufstellst. Es ist wichtig warum“. Kieślowski wurde durch die Fernsehserie „Dekalog“, die in 70 Ländern gezeigt wurde, weltbekannt. „Ein kurzer Film über das Töten“ war ein internationaler Kinoerfolg und brachte ihm 1988 den Hauptpreis der Europäischen Filmakademie für den besten Film. Der polnisch-französische Spielfilm „La double vie de Véronique“ (1991) und die in Frankreich produzierte Trilogie „Trois couleurs: Blue, Biały, Rouge“ (1993/94) kamen in 45 Ländern in die Kinos. Dafür bekam er weltweit große Anerkennung und schließlich begann sich das internationale Publikum auch für seine früheren Werke wie „Amator“ (1979), oder „Przypadek“ (1981/ Premiere 1987) zu interessieren, die noch hinter dem „Eisernen Vorhang“ und der Zensur zum Trotz gedreht worden waren. Für den Regisseur Kieślowski stand keine umfassende Auseinandersetzung mit der polnischen Geschichte im Vordergrund. Ganz im Gegenteil: Er suchte Themen aus dem Alltag und aus dem Leben der „einfachen“ Menschen. Im Fokus seiner Erzählungen stand meist das Individuum und seine oft schmerzhafte Konfrontation mit der politischen Macht, der Gesellschaft, der Familie sowie seine Unvollkommenheit und Widersprüchlichkeit. Kieślowskis Werk hat eine stilistische Metamorphose durchlebt, von rein dokumentarischen zu bewusst ästhetisierten Bildern. Er hat mit namhaften Kameramännern wie: Sławomir Idziak, Edward Kłosiński, und Piotr Sobociński zusammengearbeitet. Die Drehbücher hat er gemeinsam mit Krzysztof Piesiewicz geschrieben. Die Musik für seine letzten Filme hat Zbigniew Preisner komponiert. 1994 beschloss Kieślowski, seine Karriere zu beenden. Zwei Jahre später ist er gestorben. Sein letztes Drehbuch wurde 2002 von Tom Tykwer hat mit „Heaven“ verfilmt. Am 27. Juni diesen Jahres wäre Krzysztof Kieślowski 80 Jahre alt geworden.
Filmprogramm und Termine
Mi. 09.06.2021, 20.00 Uhr
„La double vie de Véronique“ / „Podwójne życie Weroniki” / „Die zwei Leben der Veronika“
Sa. 12.06.2021, 18.00 Uhr
„Przypadek” / „Der Zufall möglicherweise“
Sa. 19.06.2021,18.00 Uhr
„Krótki film o miłości” / „Ein kurzer Film über die Liebe“
So. 20.06.2021, 18.00 Uhr
1.Teil eine Auswahl von 4 Dokumentarfilme: „Ich war ein Soldat“, „Der Maurer“, „Vom Standpunkt eines Nachtwächters”, „Sprechende Köpfe”
2.Teil:
„Twarz“ / „Das Gesicht”
„Begegnung mit Krzysztof Kieślowski” von Andreas Voigt und Lothar Kompatzki
Vorführung mit freundlicher Genehmigung des Bayrischen Rundfunks
Mi. 23.06.2021, 20.00 Uhr
„Amator“ / „Der Filmamateur”
Kino
Black Box, Kino im Filmmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf
Schulstr. 4, 40213 Düsseldorf, Tel.: 0211 899 22 32
Weitere Infos: Polnisches Institut Düsseldorf, Citadellstr. 7, 40213 Düsseldorf, Tel.: 0211 866 96 14
www.instytutpolski.pl/duesseldorf
Eine gemeinsame Veranstaltung der Black Box, Kino im Filmmuseum Düsseldorf, des Polnischen Instituts Düsseldorf und des Instituts français Düsseldorf mit freundlicher Unterstützung der Staatskanzlei NRW im Rahmen des Polen-Frankreich NRW – Jahres
Eintritt in die Black Box ist nur nach Vorlage eines tagesaktuellen Corona-Schnelltests möglich. Nachweislich vollständig Geimpfte benötigen keinen Schnelltest, insofern die zweite Impfung mindestens zwei Wochen zurückliegt. Gäste die in den letzten sechs Monaten bereits eine Infektion durchgemacht haben und dies mit ärztlicher Bescheinigung nachweisen können, müssen ebenfalls keinen Schnelltest vorweisen.