Der Zweite Weltkrieg und die deutsche Besatzung in Polen: Die Erinnerung in Deutschland und in Polen.










Im Polnischen Institut in Düsseldorf fand am 27.08.2025 eine Debatte mit polnischen und deutschen Historikern zum Thema der historischen Erinnerung und der soziokulturellen Unterschiede in der Art und Weise, wie Geschichte erlebt wird, statt. Die Veranstaltung fand am Vorabend des deutschen, nationalsozialistischen Überfalls auf Polen am 1. September 1939 statt.
An der vom Polnischen Institut in Düsseldorf in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf organisierten Diskussion nahmen teil: Prof. Dr. Robert Traba, Institut für Politikwissenschaft, Polnische Akademie der Wissenschaften, Prof. Dr. Anke Hilbrenner, Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Prof. Dr. Peter Oliver Loew, Deutsches Polen-Institut in Darmstadt, Moderation: Bartosz Dudek, Polnische Redaktion der Deutschen Welle.
In seiner offiziellen Begrüßungsrede wies Gesandter Rafał Sobczak, Direktor des Polnischen Instituts in Düsseldorf, auf den Anlass der Veranstaltung hin: „Heute erinnern wir uns an den 86. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen am 1. September 1939 – ein Datum, das für Millionen von Menschen den Beginn unvorstellbaren Leids bedeutete. Für Polen ist der Zweite Weltkrieg mit dem Verlust von über fünf Millionen Bürgern verbunden, darunter etwa drei Millionen Juden und über zwei Millionen Polen. Bis heute sind diese Erfahrungen ein zentraler Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses der Polen. In Deutschland hingegen steht die Erinnerung an die Shoah im Mittelpunkt.“
Im Mittelpunkt der Debatte stand die Frage, ob sich die historische Erinnerung der polnischen und deutschen Gesellschaft so diametral unterscheiden kann. Die Diskussionsteilnehmer waren der Meinung, dass wir eher von einer „Polyphonie der Erinnerung” sprechen sollten. Prof. Traba betonte, dass diese Vielstimmigkeit ihren Ursprung in konkurrierenden Erinnerungen an dasselbe historische Ereignis, dieselben deutsch-polnischen „Orte der Erinnerung” habe. Wie Prof. Traba betonte, ist auch die unterschiedliche Verwendung des Begriffs „historische Erinnerung” von Bedeutung. In Deutschland gibt es fast keine Erinnerungen an den Verlauf des Krieges, sondern eher an dessen Ende, als der Krieg die Deutschen unmittelbar betraf.
Nach Ansicht von Prof. Loew wurde das Thema der deutschen Besatzung in Polen in Deutschland sehr spät aufgegriffen und nimmt bis heute nur einen geringen Platz im deutschen Geschichtsbewusstsein ein. Im Gegensatz zu Polen, wo die gesamte Besatzungszeit vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945 stark im kollektiven Gedächtnis präsent ist und neben dem öffentlichen Diskurs über den Krieg zu den wichtigen Familienerfahrungen gehört, die in den nachfolgenden Generationen gepflegt und manifestiert werden. Darüber hinaus stärken noch lebende Zeitzeugen die Verbindung zwischen den Generationen und vermitteln die Erfahrungen der deutschen Besatzung.
In diesem Zusammenhang zitierte Prof. Hilbrenner den amerikanischen Historiker Timothy Snyder, der sagte, dass es einfacher sei, sich mit Opfern aus der näheren Umgebung (Familie, Stadt, Land) zu identifizieren, was dazu führe, dass die Erinnerung an Erfahrungen aus weiter entfernten Quellen oft verblasse.
Ein weiteres wichtiges Thema der Diskussion waren Maßnahmen gegen die zunehmende Zahl falscher Nachrichten über historische Ereignisse, die in den sozialen Medien auftauchen. Die Teilnehmer stellten gleichzeitig fest, dass gut aufbereitete Informationen im Internet historische Inhalte erfolgreich einem breiten Publikum vermitteln können.
Das Publikum beteiligte sich lebhaft an der Debatte und schaltete sich oft aktiv und emotional in die Diskussion ein, was zeigt, wie wichtig die Erfahrungen und Traumata des Zweiten Weltkriegs nach wie vor sind.
An der Veranstaltung nahmen Vertreter lokaler Kultur- und Akademikerkreise, Kommunalpolitiker, darunter auch Mitglieder des Landtags von Nordrhein-Westfalen, des Generalkonsulats der Republik Polen in Köln, deutsche Geschichtslehrer und Vertreter von Gedenkstätten aus der Region teil.
Beitrag der Deutschen Redaktion des Polnischen Rundfunks über die Diskusion