Sławomir Rumiak, Kanon Myokoin – DIE KARTOFFEL IM ZEN-GARTEN
Ausstellung: Sławomir Rumiak, Kanon Myokoin
DIE KARTOFFEL IM ZEN-GARTEN
Eröffnung: Donnerstag, den 11. Mai 2023, 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 12. Mai – 18. August 2023
Während des Japan-Tages Die Kartoffel im ZEN-Garten – Japan-Tag (japantag-duesseldorf-nrw.de) am 13.05.2023 ist die Ausstellung von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Beide Künstler laden an diesem Tag u Sonderführungen ein:
um 12 Uhr in englischer Sprache,
um 14 Uhr in japanischer Sprache.
Polnisches Institut Düsseldorf, Citadellstr. 7, 40213 Düsseldorf
Öffnungszeiten: Di – Fr 11 – 17 Uhr
Das zentrale Thema der Arbeiten des polnisch-japanischen Künstlerduos Sławomir Rumiak und Kanon Myokoin ist die an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kultur entstehende Sprache. Wichtig für sie sind u.a. die kulturellen Unterschiede in der Beschreibung der sich verändernden Welt, vor allem zwischen dem so genannten Osten und Westen.
Der Ausstellungstitel „Die Kartoffel im Zen-Garten“ verweist auf mehrere Dinge. Der Zen-Garten ist als meditativer Raum eine Manifestation komplexer geistiger Bedürfnisse. Die im 16. Jahrhundert aus Peru ins christliche Europa eingeführte Kartoffel markiert scheinbar den entgegengesetzten Pol. Die Kartoffel war anfangs umstritten, weil sie nicht zur Gruppe der Samengewächse gehörte, die den Menschen laut Bibel von Gott zur Speise gegeben worden war (Genesis 1:29-30). In Deutschland betrachtete man sie als Schweinefutter und in Frankreich wurde ihr Anbau im 18. Jahrhundert sogar vom Parlament verboten, weil man überzeugt war, sie rufe Lepra hervor. Rehabilitiert und populär wurde die Kartoffel erst, als man sie zur Bekämpfung des Hungers in den untersten Schichten einsetzte.
Ganz offensichtlich begegnen sich hier zwei Kulturen. Die Kartoffel ist Teil der Geschichte und Kultur des so genannten Westens. Der Zen-Garten gehört zu Japan, zum Osten. Die Beschreibung der Welt aus der Perspektive der kulturellen Differenz ist eine zentrale Prämisse des polnisch-japanischen Künstlerduos. Die Kartoffel im Zen-Garten kann als Fremdkörper verstanden werden, als Zen-Mutation an der Schnittstelle der Kulturen – Inspirationsquelle ist hier auch das Verständnis von Zen, das über Daisetz Teitaro Suzuki und John Cage in die westliche Kultur Eingang fand und die dynamische Entwicklung der Avantgardekunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mitprägte.
Sławomir Rumiak wurde 1972 in Bielsko-Biała geboren. Er ist Fotograf und visueller Künstler mit einem Abschluss der Katowicer Abteilung der Kunsthochschule Krakau (1999). Bekannt wurde er mit fotografischen Serien, darunter das Prêt-à-Porter-Projekt (2004) mit Aufnahmen von Frauen, die zahlreiche Verweise sowohl auf die Kunstgeschichte als auch auf das kommerzialisierte, objekthafte Bild der Frau in der Massenkultur enthalten. Im Jahr 2007 fuhr er im Rahmen des Projekts “Departure” mit dem Fahrrad von Polen nach Venedig. Unterwegs übernachtete er auf Campingplätzen in einem selbstgemachten Nachbau des polnischen Biennale-Pavillons. In Japan arbeitete Rumiak mit den Galerien Tokyo Il Tempo Gallery and Zeit Foto Salon zusammen, veröffentlichte in japanischen Fotozeitschriften und hielt Universitätsvorlesungen. In Polen kuratierte er zwei Ausstellungen japanischer Kunst: „Simon Yotsuya und Freunde oder Bellmer in Japan“ (2010, Zentrum für zeitgenössische Kunst “Kronika” in Bytom, Schlesisches Museum in Katowice) and “Atokata” – eine Einzelausstellung mit Werken von Kishin Shinoyama (2012, Galerie für zeitgenössische Kunst BWA in Katowice).
Kanon Myokoin ist eine japanische Grafikdesignerin und Fotografin aus Tokio. Sie befasst sich außerdem mit Zeichnungen und angewandter Kunst.
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Sprache. Ihre Inspiration beziehen Rumiak und Myokoin aus Technologie und Wissenschaft, insbesondere aus den sich in den letzten Jahren schnell entwickelnden biologischen Fächern, doch vor allem interessieren sie die sich im Kontext der Interpretation von Daten herausbildenden kulturellen Phänomene – jede Art von Manipulation, Verschwörungstheorie, mystischer Erzählung und politischer Propaganda. Wichtig für sie sind auch die kulturellen Unterschiede in der Beschreibung der sich verändernden Welt, vor allem zwischen dem so genannten Osten und Westen. Die Ausstellung kreist um das japanische Zen-Denken, dass in jüngster Zeit im Zusammenhang mit dem wachsenden ökologischen Bewusstsein, der Abkehr vom Anthropozentrismus oder dem so genannten neuen Animismus neue Beachtung findet.
Der Ausstellungstitel „Die Kartoffel im Zen-Garten“ verweist auf mehrere Dinge. Der Zen-Garten ist als meditativer Raum eine Manifestation komplexer geistiger Bedürfnisse. Die im 16. Jahrhundert aus Peru ins christliche Europa eingeführte Kartoffel markiert scheinbar den entgegengesetzten Pol. Die Kartoffel war anfangs umstritten, weil sie nicht zur Gruppe der Samengewächse gehörte, die den Menschen laut Bibel von Gott zur Speise gegeben worden war (Genesis 1:29-30). In Deutschland betrachtete man sie als Schweinefutter und in Frankreich wurde ihr Anbau im 18. Jahrhundert sogar vom Parlament verboten, weil man überzeugt war, sie rufe Lepra hervor. Rehabilitiert und populär wurde die Kartoffel erst, als man sie zur Bekämpfung des Hungers in den untersten Schichten einsetzte.
Die französische Königin erhob die Kartoffel vorübergehend zu ästhetischen Würden, indem sie sich Kartoffelblüten ins Haar flocht. Doch die unterirdisch wachsende Kartoffel selbst taugte nicht zum Inbild des Schönen; ihre knollenartige, unvorhersehbare und amorphe Gestalt ließ kein elegantes mathematisches Modell oder kunstvolles Origami zu. Anders der Zen-Garten: Hier dominieren Ökonomie und Ordnung, alles ist unter Kontrolle, das Schöne ist eine Projektion des Geistes.
Ganz offensichtlich begegnen sich hier zwei Kulturen. Die Kartoffel ist Teil der Geschichte und Kultur des so genannten Westens. Der Zen-Garten gehört zu Japan, zum Osten. Die Beschreibung der Welt aus der Perspektive der kulturellen Differenz ist eine zentrale Prämisse des polnisch-japanischen Künstlerduos. Die Kartoffel im Zen-Garten kann als Fremdkörper verstanden werden, als Zen-Mutation an der Schnittstelle der Kulturen – Inspirationsquelle ist hier auch das Verständnis von Zen, das über Daisetz Teitaro Suzuki und John Cage in die westliche Kultur Eingang fand und die dynamische Entwicklung der Avantgardekunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mitprägte.
Cage bezieht sich auf den Zen, wenn er die Intentionalität ablehnt und sich im künstlerischen Schaffensprozess dem Zufall überlässt. Rumiak und Myokoin ersetzen den Zufall durch das Leben – wesentlicher Bestandteil ihres Projekts sind deshalb experimentelle Arbeiten, in denen die beiden Künstler lebende Organismen in ästhetische Konstrukte ‚implementieren‘ und anschließend beobachten, auf welche Weise sie die abstrakte Ordnung durcheinanderbringen.
Die Ausstellung „Die Kartoffel im Zen-Garten“ ist darüber hinaus auch ein Gegenentwurf zu einer reduktionistischen Kunst, die intellektuell gefilterte Ordnung mit Schönheit, Geistigkeit und Kosmos gleichsetzt und mitunter durch mystische Narrative auflädt. Peter Conrad schreibt in seiner Rezension zu „Piet Mondrian: The Studios“, Mondrian habe den Garten hinter seinem Atelier in Hampstead nicht gemocht, „weil dieser zu viele ablenkende, ungeometrische Bäume enthielt; die von ihm geschaffene Welt war ein Paradies für einen Ästheten mit Zwangsstörung.“ Der im Grunde anti-dualistische Zen hebt den Gegensatz von Ordnung und Chaos auf. Rumiak und Myokoin übertragen Mondrians pedantische Räume in das verworrene Grün eines Gartens oder anders gesagt: Sie setzen Kartoffeln im Zen-Garten.
Bild: Sławomir Rumiak, Kanon Myokoin: Inkarnationen. Ein amerikanischer Held, Mickey, gefunden in einem polnischen Wald, später zerfallend in unserem Atelier (Gattung: Brandkrustenpilz, Kretschmaria deusta); Holzkästen, Maße ca. 60×90 cm