Ostatni etap / Die letzte Etappe

PL 1947
R: Wanda Jakubowska
106 min, OmdU
B: Wanda Jakubowska & Gerda Schneider
K: Borys Monastyrski
S: Róża Pstrokońska
M: Roman Palester
D: Wanda Bartówna, Huguette Faget, Tatjana Górecka, Antonina Górecka, Maria Winogradowa u. a.

„Ostatni Etap“ ist der erste Spielfilm über das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Gedreht im Jahr 1947 an den Originalschauplätzen, erzählt er die Geschichte von Frauen im Lagerwiderstand.

Die Polin Helena schließt sich auf Vermittlung der sowjetischen Ärztin Eugenia der Widerstandsgruppe an, nachdem ihr neugeborenes Kind von der SS ermordet wurde. Die Jüdin Marta, einzige Überlebende ihrer Familie, arbeitet als Übersetzerin für den Kommandanten und schmuggelt mit einem Mitgefangenen Nachrichten aus dem Lager. Auch Anna, eine deutsche Kommunistin, Dessa, eine jugoslawische Partisanin, und Michèle, Mitglied der Résistance, gehören zum Widerstand. Als Marta erwischt wird, soll sie vor allen Häftlingen gehängt werden. Vor ihrem Tod, als alliierte Flugzeuge bereits am Himmel kreisen, richtet sie einen bewegenden Appell an die Mitgefangenen: „Lasst Auschwitz nicht noch einmal geschehen!“

Unmittelbar nach dem Kriegsende begann die Regisseurin Wanda Jakubowska (1907–1998), die selbst ab 1943 als polnische Kommunistin in Auschwitz-Birkenau interniert war, mit den Arbeiten an dem Film. Das Drehbuch verfasste sie mit der deutschen Kommunistin und Auschwitzüberlebenden Gerda Schneider. „Ostatni Etap“ feiert die internationale Solidarität und den Widerstand im Lager, spart aber auch den Holocaust nicht aus. Nach der Uraufführung 1948 erhielt der Film zahlreiche internationale Auszeichnungen. Mit seiner eindrucksvollen Bildsprache prägte er nachhaltig die visuellen Vorstellungen von Auschwitz-Birkenau. [Andreas Mix]

11.09. / 19:00 / Topographie des Terrors / zu Gast: Sonja M. Schultz

 


Rejs / Der Ausflug

PL 1970
R: Marek Piwowski
66 min, OmdU
B: Janusz Głowacki & Marek Piwowski
K: Marek Nowicki
S: Lidia Pacewicz
M: Wojciech Kilar
D: Stanisław Tym, Jolanta Lothe, Wanda Stanisławska-Lothe, Jerzy Dobrowolski, Andrzej Dobosz, Jan Himilsbach, Zdzisław Maklakiewicz u. a.

Eine bunte Gesellschaft begibt sich auf einen Ausflugsdampfer, um mit ihm die Weichsel entlangzutuckern. Bald wird den Reisenden langweilig, ein Kulturprogramm muss her. Zum Glück ist ein blinder Passagier an Bord, der sich spontan zum Vorsitzenden eines Vergnügungskomitees wählen lässt. Denn in der Volksrepublik Polen kann man nicht einfach so Spaß haben. Jede Aktivität muss ein streng durchorganisiertes Labyrinth von Versammlungen, Abstimmungen und Verordnungen durchlaufen. So entwickelt sich eine Satire, die einerseits verschiedene Teile der Gesellschaft prototypisch vorführt und andererseits die Organisation dieser Gesellschaft – insbesondere ihren Kultursektor – aufs Korn nimmt.

Wenn in Polen mal wieder für eine Hitliste nach den besten Filmen aller Zeiten gefragt wird, kann man sich sicher sein, dass „Rejs“ einen der vorderen Plätze belegt. Für diesen ungewöhnlich kurzen, in großen Teilen improvisierten Streifen, der keinen wirklichen Spannungsbogen hat und eher eine Nummernrevue ist, wurde das Wort „Kultfilm“ erfunden – es ist nahezu verboten, ihn nicht zu kennen.

Im Idealfall hat man immer ein paar Sätze aus „Rejs“ parat, denn er ist ein Steinbruch an Zitaten, die als Redewendungen in die polnische Sprache eingegangen sind – allen voran der legendäre Dialog über den erbärmlichen Zustand des polnischen Kinos, der zum Standard-Repertoire eines Small-Talks unter Cineast*innen gehört. [Rainer Mende]

Marek Piwowski (geb. 1935 in Warschau) studierte Journalistik in Warschau und Regie in Łódź. Er drehte einige Kurz- und Dokumentarfilme, bevor er mit „Rejs“ als Langfilm-Regisseur debütierte. Bis 2005 folgten zahlreiche weitere Arbeiten für Kino und Fernsehen, darunter ein Animationsfilm.

17.09. / 12:00 / Arsenal

 


Sąsiedzi / Nachbarn

PL 1969
R/B: Aleksander Ścibor-Rylski
135 min, OmdU
K: Kurt Weber
S: Irena Choryńska
M: Wojciech Kilar
D: Jerzy Matałowski, Józef Nowak, Marian Opania, Tadeusz Kalinowski, Henryk Bąk, Jan Machulski u. a.

Bydgoszcz, Anfang September 1939, die deutsche Wehrmacht hat Polen angegriffen. In der nordpolnischen Stadt kommt es zu einem Vorfall, der als „Bromberger Blutsonntag“ in die Geschichtsbücher eingeht und bis heute nicht vollständig aufgeklärt ist. Während die deutschen NS-Truppen näher rücken, bildet sich in der Stadt eine polnische Bürgerwehr. Plötzlich bricht Panik aus, denn angeblich haben deutsche Kollaborateure das Feuer auf die polnischen Verteidiger der Stadt eröffnet. Es beginnt eine Jagd auf die Volksdeutschen, die erst mit dem Einmarsch der Wehrmacht endet, die wiederum ein Massaker unter den Pol*innen anrichtet.

Der Film schildert den polnischen Verteidigungskampf und verknüpft ihn mit der tragischen Liebesgeschichte zwischen dem jungen Polen Piotr und der 16-jährigen Deutschen Anna-Maria. Sie müssen sich gegen die Widerstände ihrer Familien und Landsleute durchsetzen und werden in den Strudel der historischen Ereignisse gerissen. [Rainer Mende]

Aleksander Ścibor-Rylski (1928–1983) kämpfte im Zweiten Weltkrieg in der Polnischen Heimatarmee und wurde im Warschauer Aufstand schwer verletzt. Nach dem Krieg studierte er Polonistik und war zunächst als Redakteur und Schriftsteller tätig. Ab 1951 widmete er sich auch dem Film, u. a. schrieb er die Drehbücher für Andrzej Wajdas „Der Mann aus Marmor“ (1976) und „Der Mann aus Eisen“ (1981). Bei sechs Filmen führte er selbst Regie, „Sąsiedzi“ war der letzte davon.

Die Vorführung ist eine Kooperation mit der DEFA-Stiftung.

10.09. / 20:00 / Brotfabrik / zu Gast: Ewa Opoczyńska

 


 

Titelfoto: Rejs / Der Ausflug © WFDiF