Sterne kann man am Nachthimmel leuchten sehen, aber ebenso im abgedunkelten Raum des Kinos. Sie leuchten uns von der Leinwand entgegen und erhellen unsere Herzen. Krystyna Janda ist so ein Stern auf den Leinwänden des Weltkinos. Ihr Debüt in Andrzej Wajdas „
“ machte sie zur Ikone der Freiheit – ihre erhobene Faust gegen den kommunistischen Propagandasender blieb als Symbol des Widerstandes gegen Lügen und als Zeichen menschlicher Würde im Gedächtnis. Für ihre Rolle in „
“ von Ryszard Bugajski, in dem sie eine Frau in Krallen des stalinistischen Systems spielte, wurde sie in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet. Ihre schauspielerischen Leistungen und ihre Berufsvita standen immer auch im Zeichen des Engagements für bürgerliche Rechte. 2006 wurde die Schauspielerin mit der Karlsmedaille für europäische Medien geehrt.
Der Dokumentarfilm war schon immer ein wesentliches Bestandteil der polnischen Kinematografie und damit auch des Filmfestivals filmPOLSKA. Neben Jerzy Bossak gilt vor allem Kazimierz Karabasz (1930–2018) nach dem Zweiten Weltkrieg als Vater der polnischen Dokumentarfilm-Schule. Sein filmisches Motto lautete: „Das geduldige Auge“. Seine filmischen Beobachtung der Gesellschaft ergeben ein unbeschönigtes Archiv des Sozialenlebens in Polen. Durch seine integre Persönlichkeit beeinflusste er als Lehrmeister und Mentor mehrere Generationen von Filmemacher(inne)n – die sogenannte „Karabasz-Schule“ gehört die crème de la crème der polnischen Dokumentar-/Filmer, darunter so illustre Namen wie Krzysztof Kieślowski, Marcel Łoziński, Maria Zmarz-Koczanowicz und Paweł Kędzierski.
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https://www.youtube.com/watch?v=0ItodKFSfKM&feature=emb_title
https://www.youtube.com/watch?v=CrGmkcwtHgo&feature=emb_title
VI / Das Kino der Frauen – Dorota Kędzierzawska
Das Herz hüpft vor Freude, wenn man die heutige polnische Filmlandschaft mit Hinblick auf die Rolle von Regisseurinnen betrachtet. Doch die Anfänge waren schwer. Vor dem Krieg standen in Polen neben Nina Niovillo nur drei weitere Frauen hinter der Kamera: Marta Flantz, Alicja Horn und Stanisława Perzanowska. Die erste Regisseurin die über die Grenzen des Landes hinaus bekannt wurde war Wanda Jakubowska. Die „polnischen Filmschule“ hingegen war eine reine Männerdomäne und so ist auch der Blick auf die Traumata des Zeiten Weltkriegs ein maskuliner geblieben.
Erst in den glorreichen Sechzigern trauten sich Frauen wie Anna Sokołowska, Teresa Kotlaczyk und Barbara Sass, in Filmen die Welt aus ihrer Sicht zu erzählen. Mit dem „Kino der moralischen Unruhe“ eroberte im Fahrwasser von Agnieszka Holland, die das Selbstbewusstsein des polnische Kultur entscheidend prägte, eine ganzer Schar junger polnischer Regisseurinnen die internationale Leinwände. Und auch wenn der Frauenanteil auf polnischen Regiesesseln lediglich 14 % der Gesamtfilmproduktion ausmacht, dürfen wir dank erfolgreicher junger Filmemacherinnen wie Małgorzata Szumowska, Agnieszka Smoczyńska, Anna Jadowska, Maria Sadowska, Anna Zamecka oder Jagoda Szelc noch viele spannende Momente.
Eine der spannendsten, eigenwilligsten und stilistisch überzeugendsten Frauen der polnischen Regiezunft ist Dorota Kędzierzawska. Jeder ihrer Filme ist ein Fest der Bilder und eine große Metapher über die Sehnsucht nach Liebe und Freiheit. Kędzierzawska hat die Perspektive der Kinder in die Welt des großen Kinos der Erwachsenen gebracht. Ihre kleinen Helden sind große Menschen voller Emotionen, die bereit sind, eigene Wege zu gehen und sich der Welt, die längst ihre Unschuld verloren hat, mit Würde entgegenzusetzen.
Das entgegengesetzte Ende von Kędzierzawskas erzählerischem Kontinuum ist Welt der Greise. Während die Kleinen angesichts des sich vor ihnen entfaltenden Lebens nahezu verstummen, blicken die Alten am Ende ihrer Reise durch das Labyrinth des Lebens stumm auf das Rätsel der Vergänglichkeit.
In beiden Fällen sind Dorota Kędzierzawskas Filme Werke von atemberaubender Schönheit. Ihr Kino ist auf das Wesentliche reduziert und die Bilder sprechen ihre eigene Sprache: Wo wahre Unschuld anzutreffen ist, waltet die Stille.
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VII / Jerzy Stuhr
Jerzy Oskar Stuhr ist Schauspieler und Regisseur, Rektor der Schauspielschule Kraków – und ein Star. Entdeckt wurde sein Talent einst von Krzysztof Kieślowski. Seine TV-Produktion „Spokój“ („Gefährliche Ruhe“, 1976) mit Stuhr in der Hauptrolle ist eine Melange aus dem Dokumentarischen und Fiktionalen, zugleich ist sie eine Kritik an gesellschaftlichem Opportunismus und sozialen Missständen. Ein schauspielerisches Glanzstück ist auch Stuhrs Auftritt als Möchtegern-Filmemacher in Kieślowskis Klassiker „Amator“ („Der Filmamateur“, 1979), ebenso wie seine Rolle eines verführerischen Karrieristen in Feliks Falks „Wodzirej“ („Der Conferencier“, 1977). Unvergesslich bleiben seine Hauptrollen in Juliusz Machulskis Science-Fiction-Kultsatire „Seksmisja“ („Sexmission“, 1983) und im Schwarz-Weiß-Drama „Duże zwierze“ („Das große Tier“, 2000), bei dem Stuhr auch Regie führte. Diese leise Anklage an eine fremdfeindliche Gesellschaft basiert auf einem Drehbuch Kieślowskis von 1973, das dieser jedoch aus Zensurgründen nicht umsetzen konnte.
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VIII / Andrzej Wajda
39/14 – 75 Jahre nach Kriegsende
Über Andrzej Wajda zu schreiben ist wie in Deutschland über Goethe zu schreiben – jedes Wort ist eines zu viel und zugleich eines zu wenig. Wajda war nicht einfach ein Regisseur. Er ist eine nationale Institution, welche die polnische Kultur und das polnische Selbstverständnis wie kein anderer Künstler nach dem Krieg geprägt hat. „Pan Andrzej“ war ein Teil von uns. Er hat das Kino in eine historischen Bühne verwandelt und zu seiner Autobiografie gemacht.
Wajda war auch aber ein Kind seiner Epoche, ein Kriegskind. Von den 39 Filmen, die Wajda inszeniert hat, setzten sich 14 mit dem Trauma des Zweiten Weltkriegs auseinander. 39 ist fast schon eine kabbalistische Zahl, wenn man das Jahr des Kriegsbeginns bedenkt, und nicht umsonst trug Wajdas erster Film den prophetischen Titel „Pokolenie“ (Generation). Wajda schloss sein filmisches Kriegs-Œuvre mit dem sehr persönlichen Drama „Das Massaker von Katyń“ ab. Darin schilderte er nicht nur die Schrecken des Zweiten Weltkriegs und das polnische Trauma, sondern erzählte auch die Geschichte über den Tod seines Vaters Jakub Wajda.
Auszeichnungen Andrzej Wajdas (Auswahl): Orden des Weißen Adlers, Großes Bundesverdienstkreuz, Offizierskreuz der französischen Ehrenlegion, Oscar und Europäischer Filmpreis (Felix) für das Lebenswerk, Goldene Palme bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes, César für die beste Regie, Silberner Bär und Goldener Ehrenbär auf der Berlinale, Goldener Löwe bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig, Europäischer FIPRESCI-Preis, Academy Fellowship der British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) und Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
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