Jan Sehn und die Ahndung der Verbrechen von Auschwitz 🗺
Buchpräsentation mit Filip Gańczak
Moderation: Bernd Karwen (Polnisches Institut Berlin – Filiale Leipzig)
Für die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen hat Jan Sehn in Polen ähnlich hohe Bedeutung wie Fritz Bauer in der Bundesrepublik Deutschland. Er war kein KZ-Häftling, kein direktes Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Seine Stellung als Assessor am Bezirksgericht Kraków musste er während des Krieges und der deutschen Besatzung gegen eine bescheidene Stellung in einem Gastwirteverband tauschen.
Nach 1945 war der deutschstämmige Sehn eine treibende Kraft für die juristische Ahndung der deutschen Verbrechen in Polen. Als Vorsitzender der Bezirkskommission zur Untersuchung deutscher Verbrechen in Kraków verhörte er zahlreiche an Polen ausgelieferte Nationalsozialist*innen, darunter Amon Göth, Rudolf Höß und Maria Mandl. Auf unkonventionelle Weise trug er belastendes Material zusammen, suchte Zeugen, welche die Konzentrationslager überlebt hatten und verhandelte mit kommunistischen Behörden der Volksrepublik Polen, US-amerikanischen Militärs und Staatsanwälten aus der Bundesrepublik Deutschland. Beim Frankfurter Auschwitz-Prozess spielte Sehn eine wichtige Rolle, da auf seine Vermittlung hin die Ortsbesichtigung in Auschwitz stattfinden und eine Gerichtsdelegation an den Tatort der Verbrechen reisen konnte – erstaunlich im politischen Klima des Kalten Krieges.
Filip Gańczak (geb. 1981) lebt mit seiner Familie in Warschau. Der studierte Journalist arbeitete lange im Auslands-Ressort der Zeitschrift Newsweek Polska, bevor er sich als Wissenschaftler einen Namen machte. Seine Jan-Sehn-Biografie wurde unter anderem mit dem Internationalen Witold-Pilecki-Preis gewürdigt.
Veranstalter: Polnisches Institut Berlin – Filiale Leipzig in Kooperation mit „Leipzig liest“ zu den Jüdischen Lebenswelten im Ariowitsch-Haus und dem Verein Städtepartnerschaft Leipzig-Krakau e. V. anlässlich von „50 Jahre Städtepartnerschaft Leipzig-Kraków“
Info: www.leipziger-buchmesse.de, ariowitschhaus.de, www.wallstein-verlag.de
Programmübersicht „Leipzig liest polnische Literatur“: hier
Eintritt: frei
Ort: Ariowitsch-Haus, Hinrichsenstr. 14, 04105 Leipzig
Foto Jan Sehn © Instytut Pamięci Narodowej