Zwei Jahre russische Aggression gegen die Ukraine 🗺
Diskussion in englischer Sprache!
Diskutant*innen:
Bartosz Cichocki (Botschafter der Republik Polen in der Ukraine 2019–2023),
Olga Barvinok (Stipendiatin des Deutschen Historischen Instituts Warschau),
Natalia Khamaiko (Nationale Akademie der Wissenschaften der Ukraine in Kyiv, z. Zt. Stipendiatin am GWZO Leipzig) und
Svitlana Telukha (Nationale Technische Universität – Institut für Polytechnik in Charkiw, z. Zt. Stipendiatin am GWZO Leipzig)
Moderation: Ruth Leiserowitz (DHI Warschau) & Maren Röger (GWZO Leipzig)
Dazu spielt Hanna Mykhalievych ukrainische Volkslieder auf der Bandura.
Bartosz Cichocki war einer der wenigen westlichen Diplomaten, die sich trotz der russischen Bedrohung entschieden, in Kiew zu bleiben. Er spricht über die Atmosphäre in der ukrainischen Hauptstadt in den ersten Kriegstagen.
Die Archäologin Natalia Khamaiko aus Tschernihiw entdeckte auf den ausgestellten Fotos das zerstörte Haus ihrer Mutter wieder. Wie Olga Barvinok und Svitlana Telukha fand auch sie in den Ländern der Europäischen Union einen sicheren Ort für ihre wissenschaftliche Tätigkeit. Die Forschenden berichten über ihre damaligen Gefühle und Erfahrungen bei der Arbeit im Ausland.
Die Ausstellung „Bericht aus der belagerten Stadt Tschernihiw“ ist eine fotografische Chronik der ersten Kriegstage 2022 im ukrainischen Tschernihiw. Valentyn Bobyr und Vladyslav Savenok dokumentierten vom ersten Tag an die russischen Angriffe auf ihre Heimatstadt – mit Fotos von zerbombten Wohnhäusern, Bildungseinrichtungen, Sportanlagen, Kultur-Institutionen und Verwaltungsgebäuden. Aufgrund ihrer einzigartigen architektonischen Denkmäler war die 300.000-Einwohner-Stadt vor dem Angriff ein Touristenmagnet für Menschen aus dem In- und Ausland. Hier stehen mittelalterlichen Sakralbauten wie die Kirche St. Paraskieva, die Kathedrale St. Boris und Glib sowie die Verklärungskathedrale.
Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine angriff, gehörten die Einwohnerinnen und Einwohner Tschernihiws zu den ersten Betroffenen. Die alte Stadt der Kiewer Rus am Fluss Desna, nahe der Grenze zu Belarus und Russland, spielte eine Schlüsselrolle bei der Verteidigung Kiews, da sie den Zugang zur Hauptstadt von Osten und Nordosten her blockiert. Ohne die Eroberung Tschernihiws war die Einnahme Kiews nicht möglich. 38 Tage lang versuchte das russische Militär erfolglos, die Verteidigungsanlagen der Stadt zu durchbrechen. Der russische Beschuss führte zu einer humanitären Katastrophe, doch der ukrainische Widerstand blieb ungebrochen. Die in der Stadt ausharrende Zivilbevölkerung half sich gegenseitig und auch der Armee. Diejenigen, welche die Stadt verlassen hatten, organisierten humanitäre Hilfe aus verschiedenen Regionen der Ukraine und aus dem Ausland. Am 6. März 2022 verlieh der ukrainische Präsident Volodymyr Zelensky Tschernihiw den Titel einer Heldenstadt.
Derzeit werden in der Stadt, die langsam wieder zum Leben erwacht, Verluste in Milliardenhöhe dokumentiert. Über 600 km Straße und 16 Brücken wurden in der Region Tschernihiw zerstört. Nach ersten Schätzungen kann der Wiederaufbau der Stadt und ihres Umlands bis zu 50 Jahre dauern. Durch den russischen Beschuss wurden u. a. Schulen, Bibliotheken und die Skistation des ukrainischen olympischen Biathlon-Teams zerstört.
Im Rahmen der internationalen Hilfsmaßnahmen initiierten wissenschaftliche Einrichtungen Stipendienprogramme für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die aufgrund des anhaltenden Krieges nicht mehr vor Ort forschen können. Zu diesen Institutionen zählt auch das Deutsche Historische Institut Warschau (DHIW), das am 1. April 2022 das Projekt „Forschungsperspektive Ukraine“ gestartet hat. Neben dem dort bereits bestehenden Stipendienprogramm wurde eine weitere Möglichkeit geschaffen, ukrainischen Forschenden einen Aufenthalt am Institut zu ermöglichen. Einer der DHIW-Stipendiat*innen ist Dr. Volodymyr Pylypenko, Historiker und Absolvent der Staatlichen Pädagogischen Universität in seiner Heimatstadt Tschernihiw. Der Stipendiat stellte dem DHIW Aufnahmen zweier Fotografen aus Tschernihiw zur Verfügung.
Der Fotograf und Wissenschaftler Valentyn Bobyr wurde 1983 in Tschernihiw geboren. Sein Studium an der dortigen Staatlichen Pädagogischen Taras-Schewtschenko-Universität beendete er mit einem Abschluss in Physik. Parallel zu seinem Studium und seiner Arbeit im Staatsarchiv der Oblast Tschernihiw pflegte er seine Leidenschaft für Fotografie. Bobyrs Fotos illustrieren Berichte in Zeitungen, Büchern und Internetportalen. Darüber hinaus kooperiert Bobyr mit dem Touristeninformationszentrum von Tschernihiw. Nach dem bewaffneten Angriff Russlands auf die Ukraine dokumentierte er professionelle die Zerstörung seiner Heimatstadt.
Der Journalist, Schriftsteller und Fotojournalist Vladyslav Savenok wurde 1959 im Dorf Liski in der Region Tschernihiw geboren. Er absolvierte die Fakultät für Journalismus an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität in Kiew. Als Journalist für lokale Medien in Tschernihiw erstellte er Berichte über das Leben in der Region für den ukrainischen Dienst der BBC, den russischen Fernsehsender RTR und ukrainische TV-Sender. Savenok war Mitbegründer der Taras-Schewtschenko-Regionalvereinigung für die ukrainische Sprache und der Tschernihiwer Literaturunion sowie Sekretär der Zeitschrift „Literaturnii Chernigiv“. 2000 wurde er vom Tschernihiwer Medienklub als „Journalist des Jahres“ ausgezeichnet.
Kurator*innen:
Beata Jurkowicz, Kinga Wołoszyn-Kowanda & Volodymyr Pylypenko
Grafische Gestaltung:
Lech Rowiński / beton
Produktion:
Deutsches Historisches Institut Warschau in Kooperation mit der Warschauer Handelshochschule SGH
Veranstalter: Polnisches Institut Berlin – Filiale Leipzig, Deutsches Historisches Institut Warschau / Forschungsperspektive Ukraine – Programm der Max Weber Stiftung und Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO)
Flyer als PDF (4 MB)
Veranstaltung auf Facebook
Info: dhi.waw.pl/pl/wydarzenia/wystawy/detale/austellung-bericht-aus-der-belagerten-stadt-tschernihiw, dhi.waw.pl/forschung/forschungsprogramm/forschungsperspektive-ukraine
Eintritt: frei
Ort: Polnisches Institut, Markt 10, 04109 Leipzig
Titelfoto: zerstörte Kinderbibliothek von Tschernihiw © Valentyn Bobyr