Debatte mit Dr. Helena Jędrzejczak (Kultura Liberalna), Dr. Paweł Ukielski (Museum des Warschauer Aufstands), Hanna Radziejowska (Pilecki-Institut Berlin) und Paul Meyer (Regisseur), mit Simultanübersetzung ins Deutsche und Polnische
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Aus Anlass des 76. Jahrestages des Warschauer Aufstands soll bei der zweiten Online-Veranstaltung der Gesprächs- und Videoreihe „Der vergessene Alliierte. Polen an den Fronten des Zweiten Weltkriegs“ an das Engagement und die Rolle der Frauen im polnischen Widerstand während des Zweiten Weltkriegs erinnern.
- Zunächst muss man sich für die Diskussion über den Film „Konspirantinnen“ anmelden: zoom.us/webinar/register/WN_gxmlbDzVTrSu5y8Fv8RiDw
- Danach erhält man zusätzlich zur üblichen Bestätigunsmail, die auch den Link zu dem am 31.07. um 18:00 Uhr stattfindenden Webinar beinhaltet, ein Passwort.
- Dieses Passwort benötigt man, um den Film „Konspirantinnen“ zu sehen. Der Film wird am 31.07 und 01.08 ohne Zeiteinschränkungen in drei Sprachversionen zu sehen sein:
Deutsch: https://vimeo.com/440732672
Polnisch: https://vimeo.com/440720935
Englisch: https://vimeo.com/440729924
Nach Anklicken des jeweiligen Links muss man das oben erwähnte, via E-Mail erhaltene Passwort eingeben.
Der polnische Staat gewährte Frauen bereits 1918 das aktive und passive Wahlrecht. Für die Generation, für welche die Wiedererlangung der Unabhängigkeit eine durch enormen Wagemut und Tapferkeit angetriebene Herzensangelegenheit und ein Lebensziel darstellte, war das Wahlrecht für die Frauen etwas ganz Offensichtliches. Ob im Rahmen des revolutionär-konspirativen Widerstands in der PPS, im polnischen Geheimdienst, in den Brigaden der polnischen Legionen oder im späteren Polnisch-Sowjetischen Krieg von 1920/21: Die polnischen Bürger/innen waren stets an allen Fronten vertreten und leisteten einen immensen politisch-militärischen Beitrag.
Dieses auf den ersten Blick nicht offensichtliche Verhältnis zwischen politischer Willensbildung, der Ausdehnung politischer Grundrechte und der Teilnahme am bewaffneten Kampf ist ein Erbe der politischen Ideengeschichte der Antike, die besagte, dass nur jener oder jene über das Schicksal des eigenen Landes entscheiden könne, welcher/welche zugleich auch für dieses Land kämpfen und es verteidigen würde. Die Emanzipation der Polinnen am Ende des 19. Jahrhunderts war ein fester, ja essenzieller Bestandteil des Kampfes um die Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens. Die Inanspruchnahme politischer Rechte, die Suche nach neuen Wegen, politische Freiheit im Sinne Hannah Arendts auszuüben, d.h. die aktive Aushandlung des tagtäglichen Miteinanders, das Recht auf Bildung – all dies waren Vorstellungen und Ziele, ohne welche der Traum von der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens nach 123 Jahren der Besatzung undenkbar gewesen wäre.
Dass Polinnen sich als Bürgerinnen der Rzeczpospolita verstehen und deswegen das Engagement von Frauen in der Armee eine lange Tradition in Polen hat, kam im Zweiten Weltkrieg erneut zum Ausdruck. Frauen kämpften in den Reihen aller polnischen Armeen – während der Besatzungszeit waren sie im Untergrund und an allen Kriegsfronten aktiv – sie waren Geheimdienstmitarbeiterinnen, Krankenschwestern, Verbindungsoffizierinnen, Soldaten und Offiziere. Sie organisierten geheimen Unterricht, um das polnische Bildungswesen der deutschen Okkupation zum Trotz am Leben zu erhalten, führten oft gefährliche Ablenkungsaktionen durch und wurden, genauso wie Männer, in Konzentrationslager geschickt, ins Gefängnis gebracht, gefoltert und ermordet.
Nach dem Ende des Warschauer Aufstands wurden die Polinnen, als erste Frauen in der Geschichte überhaupt, als geschützte Soldatinnen (nach der Genfer Konvention) anerkannt. Paul Meyers Film ist eine außergewöhnliche Geschichtsdoku, in welcher die hier beschriebenen Protagonistinnen ausführlich zu Wort kommen. Sie erzählen die Geschichte ihres Untergrundengagements und ihrer Teilnahme am Warschauer Aufstand. Auch ihr Schicksal in der Nachkriegszeit kommt nicht zu kurz.
Zusammen mit dem Regisseur des Films und einem weiteren Gast wird Hanna Radziejowska gleich mehreren spannenden Fragen nachgehen, z.B. worin die Besonderheit der Erfahrung von in Armeen kämpfenden Frauen liegt und ob der Krieg, wie Swiatłana Aleksijewicz schrieb, tatsächlich „kein weibliches Gesicht hat“. Die Rolle der polnischen Frauen im Warschauer Aufstand, ihre Lebensgeschichten und ihre Erfahrungen im Nachkriegspolen stellen an sich schon höchst fruchtbare und erkenntnisbereichernde Themen dar, aber hier sollen sie zusätzlich helfen zu zeigen, wie Frauen die Besatzung und Verbrechen des Dritten Reichs perzipiert, sich als eigenständige Subjekte wahrgenommen haben und aktiv Widerstand leisteten.
Veranstalter: Pilecki-Institut Berlin, Zentrum für historische Forschung in Berlin und Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit
Foto: Aufstands-Kantine 1944 (Wikipedia / Public Domain)