Stanisław Zalewski. Botschafter des Erinnerns 🗺
Zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Dok, OT: Ambasador pamięci, R: Magdalena Żelasko, AUT 2024, 103 min, dt. Fassung
Einführung: Rainer Mende (Polnisches Institut)
Stanisław Zalewski musste eines der dunkelsten Kapitel der deutsch-polnischen Geschichte schmerzhaft am eigenen Leib erleben und ist einer von wenigen, die noch als Zeitzeug*innen darüber berichten können. Mit seinen knapp 100 Jahren hätte er ausreichend Gründe, die Erlebnisse zu den Akten zu legen und sich zur Ruhe zu setzen. Aber er hat eine Mission: Immer wieder erzählt er von seinen rund 600 Tagen in deutscher Gefangenschaft – nicht, um zu spalten und aufzuwiegeln, sondern um zu einen und zu verhindern, dass etwas Vergleichbares noch einmal passiert. Denn nie hat er seinen Optimismus und seinen Humor verloren.
Zalewski hat einen langen Leidensweg im Zweiten Weltkrieg hinter sich. Als er 14 Jahre alt ist, besetzen die deutschen Nationalsozialisten seine Heimat Polen. Drei Jahre später wird er als Mitglied einer Widerstandsgruppe in seiner Heimatstadt Warschau von der Gestapo verhaftet. Es folgen Internierung und Zwangsarbeit in Konzentrationslagern in Auschwitz, Mauthausen und Gusen. Zalewski hat Glück und überlebt die Torturen – und schweigt zunächst 40 Jahre lang über seine Erlebnisse.
Doch dann beginnt er öffentlich und detailliert auf Gedenkveranstaltungen und in Schulen über die Gräuel der deutschen NS-Herrschaft zu sprechen und sich in einer Veteranen-Vereinigung politisch zu engagieren. Auch in seinem Buch „Ereignisse und Zeichen der Zeit aus den Jahren 1939–1945“ (Wien 2020) hält er seine Erinnerungen fest. Damit will er zur Versöhnung der einstigen Kriegsgegner beitragen. Besonders liegt ihm am Herzen, dass das fast vergessene ehemalige KZ-Gelände im österreichischen Gusen zu einem würdigen Gedenkort wird.
Der Dokumentarfilm begleitet den charismatischen Zalewski drei Jahre lang in seinem Alltagsleben, aber auch auf Reisen an Orte der Vernichtung. Dort erzählt er erstaunlich detailliert und chronologisch von seinen Kriegserlebnissen – und verliert bei den Schilderungen von Grausamkeiten nie seinen Glauben an das Gute im Menschen.
„Meine Erinnerungen habe ich in eine wasserdichte Kiste eingepackt, mit einer Schnur umwickelt und ins Wasser geworfen. Ich ziehe sie gelegentlich hoch, aber nach der Benützung des Inhalts werfe ich sie wieder ins Wasser.“ (Stanisław Zalewski)
„Als ich vor rund fünf Jahren dem damals 94-jährigen Stanisław Zalewski in Wien zum ersten Mal begegnete, war ich sofort von seiner Persönlichkeit und seiner Lebensgeschichte ergriffen: Wie kann es sein, dass jemand, der 600 Tage in Gefängnissen und KZ-Lagern verbracht hat, dermaßen vor Lebensfreude sprüht und immer noch die Kraft hat zu arbeiten und umherzureisen, um als Zeitzeuge mit jungen Menschen zu sprechen?“ (Magdalena Żelasko)
K: Michał Kozioł
B/S: Magdalena Żelasko & Michał Kozioł
M: Ivan Lohvin
Veranstalter: Polnisches Institut Berlin – Filiale Leipzig
Veranstaltung auf Facebook
Info: never-again.site, newacademicpress.at/autoren/stanislaw-zalewski
Eintritt: frei
Ort: Polnisches Institut, Markt 10, 04109 Leipzig
Fotos © CEE Films